Berlin/Dinslaken. Laut „Spiegel“ sollen die Attentäter von Paris die „Lohberger Brigade“ gekannt haben. Deutsche Behörden sehen bisher keine Verbindung.

Die Attentäter von Paris hatten möglicherweise engere Kontakte nach Deutschland, als bislang bekannt. Wie der „Spiegel“ berichtet, sollen der Terrorist Abdelhamid Abaaoud und seine Komplizen die sogenannte „Lohberger Brigade“ aus dem Dinslakener Stadtteil Lohberg gut gekannt haben. Von dort aus seien deutsche Islamisten 2013 in den Dschihad gezogen.

Zwei Wochen nach den Terroranschlägen von Paris haben die Sicherheitsbehörden nach Angaben von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bislang allerdings keine Verbindungen zwischen den Attentaten und Deutschland nachweisen können. „Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand gibt es keinen Bezug zwischen Deutschland und den Anschlägen in Paris“, sagte Maas der „Welt am Sonntag“. Die Ermittlungsbehörden gingen aber weiter allen Hinweisen nach.

Mehrere Ermittlungsverfahren in Deutschland

Durch drei Kommandos islamistischer Attentäter waren am 13. November an mehreren Orten in der französischen Hauptstadt und in einem Vorort 130 Menschen getötet worden. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte sich dazu bekannt. Die Franzosen gedachten am Freitag der Opfer.

Nach der Terrorserie laufen auch in Deutschland mehrere Ermittlungsverfahren. So prüft die Stuttgarter Staatsanwaltschaft den Verdacht, ob ein Zusammenhang zwischen den Attentaten und der Lieferung von vier Sturmgewehren aus Baden-Württemberg an eine Pariser Lieferadresse besteht.

Maas lehnt strengere Sicherheitsgesetze ab

Obwohl die Bedrohungslage ernst und Deutschland potenzielles Anschlagziel sei, lehnte Maas Forderungen aus den Reihen der Union nach strengeren Sicherheitsgesetzen ab. „Wir haben in Deutschland bereits ein äußerst scharfes Terrorismusstrafrecht. Deswegen sind wir uns in der Bundesregierung einig, dass die erst vor kurzem beschlossenen Verschärfungen konsequent angewendet werden sollen.“ In Belgien wurde derweil ein sechster Terrorverdächtiger festgenommen.

Frankreich versucht seit der Mordserie eine möglichst breite Koalition gegen den IS in Syrien und im Irak zu schmieden - inklusive Russland, das bislang losgelöst vom US-geführten Bündnis an der Seite der syrischen Armee Regimegegner bekämpfte.

Zusammenarbeit mit syrischer Armee nicht ausgeschlossen

Auch die Regierung in Paris erwägt inzwischen eine Zusammenarbeit mit den Truppen des Machthabers Baschar al-Assad. Gegner des Regimes reagierten empört. Assad gilt als Hauptverantwortlicher für den Bürgerkrieg in dem Land. Der Konflikt hat seit 2011 mehr als 250.000 Menschen das Leben gekostet und Millionen Syrer in die Flucht getrieben.

Doch auch Deutschland schließt eine Zusammenarbeit des Westens mit der syrischen Armee im Kampf gegen den IS nicht mehr aus. Die Bundesregierung plant einen Bundeswehreinsatz gegen die Miliz. Dies gab der Debatte über mögliche Anschläge in Deutschland neue Nahrung.

Konflikt zwischen Türkei und Russland

Die Bemühungen des französischen Präsidenten werden durch einen Streit zwischen Russland und der Türkei belastet. Auslöser war der Abschuss eines russischen Bombers durch türkische Kampfflugzeuge, für den sich beide Länder die Schuld zuschieben. Die Regierung in Moskau will am Samstag weitere Sanktionen gegen Ankara bekanntgeben.

Ministerpräsident Dmitri Medwedew hatte das Kabinett angewiesen, ein Maßnahmenpaket auszuarbeiten. Die Strafmaßnahmen sollen demnach besonders den Handel und den Tourismus treffen. Russland hatte als ersten Schritt den visafreien Reiseverkehr mit der Türkei zum 1. Januar 2016 einseitig aufgehoben. Der Kreml will die Regierung in Ankara zu einer Entschuldigung für den Abschuss drängen.

Frankreich trauert um die Terror-Opfer

Zwei Wochen nach den Terroranschlägen von Paris gedenkt Frankreich der Opfer. Mehr als 1000 geladene Gäste nahmen an der Zeremonie am Invalidendom teil, darunter zahlreiche Angehörige der 130 Toten.
Zwei Wochen nach den Terroranschlägen von Paris gedenkt Frankreich der Opfer. Mehr als 1000 geladene Gäste nahmen an der Zeremonie am Invalidendom teil, darunter zahlreiche Angehörige der 130 Toten. © REUTERS | PHILIPPE WOJAZER
Häuser und Wohnungen wurden mit blau-weiß-roten Flaggen geschmückt.
Häuser und Wohnungen wurden mit blau-weiß-roten Flaggen geschmückt. © REUTERS | JACKY NAEGELEN
Unter den geladenen Gästen befand sich auch der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy. Eingerahmt von Bürgermeisterin Anne Hidalgo und Senatssprecher Gerard Larcher.
Unter den geladenen Gästen befand sich auch der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy. Eingerahmt von Bürgermeisterin Anne Hidalgo und Senatssprecher Gerard Larcher. © REUTERS | CHARLES PLATIAU
Frankreichs Präsident Francois Hollande saß vor seiner Ansprache vor Mitgliedern des französischen Parlaments.
Frankreichs Präsident Francois Hollande saß vor seiner Ansprache vor Mitgliedern des französischen Parlaments. © REUTERS | CHARLES PLATIAU
Auf einer Leinwand wurden Bilder der Verstorbenen gezeigt. Präsident Hollande musste immer wieder mit den Tränen kämpfen.
Auf einer Leinwand wurden Bilder der Verstorbenen gezeigt. Präsident Hollande musste immer wieder mit den Tränen kämpfen. © Getty Images | Pascal Le Segretain
Mehr als 1000 geladene Gäste nahmen an der Zeremonie am Invalidendom teil, darunter zahlreiche Angehörige der 130 Toten.
Mehr als 1000 geladene Gäste nahmen an der Zeremonie am Invalidendom teil, darunter zahlreiche Angehörige der 130 Toten. © dpa | Ian Langsdon
Während die Namen der Opfer und deren Alter verlesen wurden, erhoben sich die Trauergäste.
Während die Namen der Opfer und deren Alter verlesen wurden, erhoben sich die Trauergäste. © REUTERS | CHARLES PLATIAU
Viele der bei den Anschlägen Verletzten nahmen an der Trauerfeier teil – in Rollstühlen, auf Liegen, eingehüllt in Decken.
Viele der bei den Anschlägen Verletzten nahmen an der Trauerfeier teil – in Rollstühlen, auf Liegen, eingehüllt in Decken. © REUTERS | CHARLES PLATIAU
Auch Einsatzkräfte waren bei der Gedenkfeier vertreten.
Auch Einsatzkräfte waren bei der Gedenkfeier vertreten. © Getty Images | Pascal Le Segretain
Frankreichs Präsident hielt eine Rede.
Frankreichs Präsident hielt eine Rede. © Getty Images | Pascal Le Segretain
„Wir sind im Schmerz vereint“, sagte Hollande. Gleichzeitig fand er deutliche Worte für die Angreifer: „Ich verspreche, das Frankreich alles tun wird, um diese Armee von Fanatikern, die für diese Verbrechen verantwortlich sind, zu zerstören“.
„Wir sind im Schmerz vereint“, sagte Hollande. Gleichzeitig fand er deutliche Worte für die Angreifer: „Ich verspreche, das Frankreich alles tun wird, um diese Armee von Fanatikern, die für diese Verbrechen verantwortlich sind, zu zerstören“. © REUTERS | PHILIPPE WOJAZER
Wie an jedem Tag seit den Anschlägen sammeln sich auch am Freitag Trauernde vor dem Bataclan, der Konzerthalle, wo die meisten Menschen bei den Attacken ums Leben kamen.
Wie an jedem Tag seit den Anschlägen sammeln sich auch am Freitag Trauernde vor dem Bataclan, der Konzerthalle, wo die meisten Menschen bei den Attacken ums Leben kamen. © dpa | Yoan Valat
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Kremlchef Wladimir Putin hatte nach einem Treffen in dieser Woche mit Hollande seine Bereitschaft zu einer internationalen Anti-Terror-Koalition bekräftigt und zugesagt, bei Luftangriffen in Zukunft die gemäßigte syrische Opposition zu schonen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hielt Russland hingegen erneut vor, letzteres nicht einzuhalten. (dpa/hip)