Berlin . Damit Kassenpatienten nicht mehr so lange auf einen Termin beim Facharzt warten müssen, soll in zwei Monaten ein neuer Terminservice starten.

Ein Termin beim Hautarzt? „Frühestens in drei Wochen.“ Die nächste Routineuntersuchung beim Frauenarzt? „Vor Weihnachten klappt das nicht mehr.“ Wer einen Termin beim Facharzt ausmachen will, braucht oft Geduld. Das soll jetzt besser werden: In zwei Monaten können gesetzlich Versicherte schneller als bisher einen Termin beim Facharzt bekommen. Die obersten Verbände der Krankenkassen und der Kassenärzte haben sich grundsätzlich darauf geeinigt, wie die so genannten Terminservicestellen funktionieren sollen, mit denen die Wartezeit auf einen solchen Arzttermin kürzer werden soll. Letzte Details wollen Kassen und Ärzte in dieser Woche klären, heißt es übereinstimmend auf beiden Seiten.

Die Terminservicestellen sind eine Idee von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Per Gesetz hat er die Kassenärzte verpflichtet, in jedem Bundesland eine Servicestelle einzuführen, die dringend benötigte Facharzttermine organisiert. Die Stellen müssen bis zum 23. Januar arbeitsfähig sein – das ist exakt ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes. Der Terminservice soll dann tätig werden, wenn die Kassenpatienten oder ihr Hausarzt sich vergeblich um einen Facharzttermin bemüht haben. Die Servicestelle soll dann telefonisch innerhalb einer Woche einen Termin in den nächsten vier Wochen finden. Das Versprechen des Gesundheitsministers bezieht sich aber nur auf irgendeinen benötigten Facharzt, nicht auf eine ganz bestimmte Praxis.

Die Ärzte sind nicht wirklich überzeugt

Die nun gefundene Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sieht nach Angaben beider Organisationen unter anderem eine maximale Fahrtzeit vor, die Patienten auf sich nehmen müssen, um den vermittelten Termin wahrnehmen zu können. Bei Fachärzten der Grundversorgung wie etwa Orthopäden oder Hautärzten sollen dies höchstens 30 Minuten sein. Bei spezialisierten Fachärzten wie Radiologen sollen Patienten nicht länger als 60 Minuten unterwegs sein. Weil die Fahrtzeiten in der Stadt und auf dem Land unterschiedlich sind, kann in den einzelnen Regionen von den Vorgaben abgewichen werden.

Ebenfalls vereinbart ist, für welche Erkrankungen die Servicestelle tätig werden soll. So genannte Bagatellerkrankungen sollen ausgenommen bleiben. Das sind Erkrankungen, die sich nicht weiter verschlimmern, wenn der Arztbesuch erst in mehr als vier Wochen stattfindet.

Umstritten ist noch, wie viele Terminvorschläge ein Patient bekommen soll. Die Kassenärzte wünschen sich laut KBV, dass die Servicestelle den Patienten nur ein einziges Mal anruft und ihm dann zwei mögliche Termine zur Auswahl stellt, zwischen denen er wählen kann. Die Krankenkassen wünschen sich dagegen mehr Optionen. Über diesen Punkt soll am Donnerstag dieser Woche noch einmal zwischen dem Kassenverband und der KBV verhandelt werden.

Kann die Terminservicestelle innerhalb einer Woche keinen Termin beim Facharzt vermitteln, muss sie den Patienten an das nächste Krankenhaus verweisen. Die dortige Behandlung soll dann aus dem Budget der Kassenärzte bezahlt werden – das soll den Druck erhöhen, doch einen Facharzttermin zu finden.

Ob die Terminservicestellen funktionieren, steht und fällt mit der Bereitschaft der Ärzte, offene Termine an diese Stellen zu melden. In welchem Umfang dies tatsächlich geschehen wird, ist nicht absehbar. Eine Pflicht zur Teilnahme soll es nicht geben. Überzeugt von der Notwendigkeit der Servicestellen sind die Ärzte überhaupt nicht: „Ist ein Termin wirklich dringend im Sinne von medizinisch dringend, dann heißt das sofort oder innerhalb kurzer Zeit, und das ist überhaupt kein Problem in Deutschland“, kommentierte KBV-Chef Andreas Gassen vor wenigen Tagen im „Ärzteblatt“. In solchen Fällen nehme der behandelnde Arzt das Telefon in die Hand und rufe seinen Kollegen an. „Diese Vier-Wochen-Frist ist beliebig und hat keinen medizinischen Hintergrund“, so Gassen.

Der Service ist „kein Wunschkonzert“

Die Terminservicestellen haben aber durchaus einen politischen Hintergrund. Seit Jahren schon ist offenkundig, dass Kassenpatienten beim Arzt schwerer einen Termin bekommen als privat Versicherte. Grund dafür ist das zum Teil bessere Honorar für die Privatbehandlung. Auch insgesamt ist die Zahl der Patienten, die länger als drei Tage auf einen Arzttermin warten müssen, in den vergangenen Jahren sichtbar gestiegen. Das zeigt eine Umfrage, die die KBV selbst regelmäßig in Auftrag gibt. „Es gibt nicht wenige Einzelfälle, die zu lange auf einen Termin warten müssen“, hatte Gesundheitsminister Gröhe die Notwendigkeit der Terminvergabestellen begründet. Sie sollten helfen, „wenn es klemmt“.

Auch Ärztefunktionär Gassen warnt die Patienten davor, nun schnelle Termine „bei der Wunschpraxis um die Ecke“ zu erwarten. Die Terminservicestellen seien „kein Wunschkonzert“ und auch kein zusätzlicher Service der Krankenkassen.