Berlin. Die Bundespolizei erhält eine neue Einheit, aber auch über einen Bundeswehr-Einsatz im Inland wird weiter diskutiert.

Die deutsche Bundespolizei rüstet wegen der Terrorgefahr massiv auf: Eine neue Anti-Terroreinheit für Spezialeinsätze soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen bereits ab Jahresende in Teilen einsatzbereit sein. Rund 50 Beamte werden in Blumberg nordöstlich von Berlin stationiert, sie würden vor allem bei Terrorangriffen in der Hauptstadt mobilisiert.

Später kommen weitere Einheiten in gleicher Stärke in Sankt Augustin, Uelzen, Bayreuth und Hünfeld hinzu, sodass die neue Einheit rund 250 Beamte umfassen wird. Mit der Truppe zieht die Bundesregierung die Konsequenz aus den Terrorattacken in Frankreich. Schon die Analyse des Anschlags auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im Januar hatte Sicherheits­experten gezeigt, dass die Polizei für den Einsatz gegen schwer bewaffnete Attentäter, die mit Kalaschnikows oder Granaten angreifen, derzeit nicht gerüstet ist.

Diese Woche hatte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) mit Blick auf die neue Terrorserie in Paris gewarnt, die Polizei sei den Terroristen mit schweren Kriegswaffen „hoffnungslos unterlegen“. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert, die Sicherheitsbehörden müssten sich auf das neue Täterprofil einstellen. GdP-Vize Arnold Plickert sagt: „Die sind brutal, die erschießen alles, was denen in den Weg kommt.“ Bislang hätten selbst Spezialeinsatzkräfte nur zum Teil solche Schutzwesten, die auch einem Beschuss mit Kalaschnikows standhielten.

Neue Einheit soll auch für lang anhaltende Terrorsituationen ausgebildet sein

Die Polizei ist also nur bedingt einsatzbereit – das soll sich jetzt ändern. Die neue Anti-Terroreinheit soll eine Lücke zwischen der normalen Bereitschaftspolizei der Länder und der Eliteeinheit GSG 9 des Bundes schließen, die bei Großeinsätzen von einer Dimension wie jetzt in Paris personell schnell an Grenzen stoßen würde. Die Beamten sollen auch für lang anhaltende Terrorsituationen gerüstet und ausgebildet sein. Die Einheit ist Teil einer personellen Aufstockung der Bundespolizei um insgesamt 3500 Stellen innerhalb der nächsten drei Jahre. Es ist nicht die einzige Aufrüstung, die Bund und Länder wegen der Terrorgefahr bereits beschlossen haben. Der Auslandsgeheimdienst BND bekommt nach einer Entscheidung der Bundestagshaushältern 125 Stellen mehr für die Terrorismusaufklärung, das Bundesamt für Verfassungsschutz 250 zusätzliche Stellen.

Doch im Bundestag halten Unionspolitiker die beschlossenen Maßnahmen für unzureichend – und fordern jetzt auch den Einsatz der Bundeswehr. Die Anschläge in Paris hätten gezeigt, dass die klassische Rollenaufteilung zwischen Polizei und Militär hinterfragt werden müsse, sagte etwa Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, fordert, alle Sicherheitskräfte müssen zum Schutz der Bürger zusammenarbeiten: „Wenn unsere Bundeswehr helfen kann, so sollte dies im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen geprüft werden.“ Allerdings: Die Möglichkeiten sind begrenzt. Das Grundgesetz lässt den Einsatz der Bundeswehr im Inland nur in Ausnahmefällen wie Naturkatastrophen und schweren Unglücksfällen zu.

Die Verfassung zieht enge Grenzen für Bundeswehreinsatz

Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass grundsätzlich auch ein Einsatz bei Terroranschlägen erlaubt wäre – aber nur, wenn es um die unmittelbare Abwehr von katastrophalen Schäden gehe. Unions-Verteidigungsexperte Otte schwebt dagegen vor, die Soldaten sollten die Bundespolizei bei der Überwachung der Grenzen entlasten.

Realistisch ist das einstweilen nicht, die Bundesregierung winkt ab, der Koalitionspartner SPD widerspricht klar. Auch die Gewerkschaft der Polizei warnt, ein Bundeswehreinsatz im Inland sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar: „Für die Bekämpfung des Terrorismus ist zuallererst die Polizei zuständig.“ Schließlich sei der Polizei in der Vergangenheit gelungen, mehrere geplante Terroranschläge rechtzeitig zu vereiteln.