Paris. Es sollte ein entspannter Abend im Fußballstadion in Paris werden. Dann explodiereten Bomben – und aus dem Abend wurde ein Alptraum.

Vom Gare du Nord sind es nur wenige Straßen zu den Orten, an denen der Terror am Freitagabend die französische Hauptstadt Paris auf so schreckliche Weise eingeholt hat. Die meisten der sieben Anschlagsorte liegen im 10. Arrondissement. Viele der mehr als 70.000 Zuschauer des Fußballspiels Frankreich gegen Deutschland kommen hier an, nachdem sie sich auf den unsicheren Weg nach Hause oder in ihre Hotels gemacht haben. Ein Großaufgebot an Polizisten mit automatischen Waffen im Anschlag und prüfendem Blick können nur geringfügig das Sicherheitsgefühl steigern. Wer anschließend zu Fuß weitergeht, merkt: Bei jedem Schritt läuft die Angst mit.

Über Twitter sind noch immer Nachrichten im Umlauf, dass Terroristen in Paris flüchtig sind, nachdem sie mehr als 140 Menschen ermordet haben. Jedes Mal ein flaues Gefühl im Magen, wenn ein Wagen um die Ecke biegt oder ein Fußgänger einem entgegen kommt. Die Täter haben nicht nur Geiseln genommen und in der Konzerthalle Bataclan umgebracht – sie sollen auch in Autos durch die Stadt gefahren sein und durch offene Fenster mit ihren Kalaschnikows auf Passanten geschossen haben.

Wenn der Schock geht, kommen Sprachlosigkeit, Wut und Trauer

Trotzdem ist erstaunlich, wie viele Franzosen trotz der Warnung, ihre Häuser nicht zu verlassen beziehungsweise schnellstens heimzukehren, noch unterwegs sind. Die Anschläge aus dem Jahr 1995 und erst im Januar auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ haben ihnen eine bedrückende Routine im Umgang mit solch schrecklichen Ereignissen beschert. Wer zum ersten Mal mit Anschlägen und Toten konfrontiert wird und endlich unversehrt im Hotel in Sicherheit ankommt, fängt erst dann an zu überlegen, einzuordnen. Und wenn der Schock geht, kommen Sprachlosigkeit, Wut und Trauer.

Welch einen fürchterlichen Verlauf der Tag nehmen sollte, ahnten die Zuschauer nicht im Ansatz, als sie sich am frühen Freitagabend auf den Weg in den Pariser Norden zum Stade de France machten. Dort wollten sie bloß ein Fußballspiel schauen, auch wenn sie am Morgen von der Bombendrohung im Mannschaftshotel der Deutschen am Bois de Boulogne gehört hatten. Doch als Mitte der ersten Halbzeit die ersten Nachrichten über die Anschläge auf den Smartphones eintrudelten, hatten die 22 Fußballer unten auf dem Rasen die Aufmerksamkeit längst nicht mehr für sich allein.

Der Terror kam bis vor das Stadion

Zu diesem Zeitpunkt hatte es schon die erste von drei Detonationen gegeben, die auf den Rängen zu spüren waren. Spätestens bei der zweiten beschlich die Zuschauer auf den Tribünen das Gefühl, dass es sich hierbei nicht um Böller handelte, wie man sie von Ultras kennt. Dass der Terror bis vors Stadion kam, daran war in diesem Moment aber noch nicht zu denken.

Frankreichs Präsident François Hollande war früh über den Beginn einer langen und blutigen Terrornacht informiert worden und verließ zur Pause das Stadion. Über die Nachrichtenticker und sozialen Medien nahmen derweil die Schreckensmeldungen immer mehr zu. Das Kreisen der Hubschrauber über dem französischen Nationalstadion in Saint-Denis und Sirenengeheul der Polizei- und Rettungswagen verrieten, dass etwas nicht normal war. Auf der Pressetribüne liefen zusätzlich zu den News über Schießereien im Stadtzentrum Nachrichten ein, die über die Lautsprecher nicht verbreitet wurden, um eine Panik zu vermeiden: Terrorgefahr, das Stadion abgesperrt, angeblicher Granatenbeschuss unweit des Stadions.

Kurze Aufregung wegen eine Motorrads

Mit dem Abpfiff konnten die Zuschauer das Stadion allerdings wieder verlassen, was trotz der vielen Beamten und dem vielen Blaulicht überwiegend ruhig und gefasst passierte. Einige Tausend harrten allerdings noch auf dem Rasen aus und wurden nach und nach aus dem Stadion gebracht. Auch die deutsche Mannschaft wurde erst weit nach Mitternacht in Kleinbussen in ihr Quartier gebracht.

Einmal gab es noch helle Aufregung: Zuschauer, die sich bereits außerhalb des Stadions befunden hatten, stürmten panisch zurück in die Katakomben, nachdem sie von einem lauten Geräusch, offenbar von einem röhrenden Motorrad, erschreckt worden waren. Es vermittelte den Besuchern im Inneren allerdings das Gefühl: Jetzt wollen die Terroristen auch noch das Stadion stürmen.

Hollande hat den Ausnahmezustand ausgerufen

Als sich der Schrecken gelegt hatte, sorgte die Polizei für eine geregelte Heimkehr der restlichen Zuschauer – ob zu Fuß oder eben mit der S-Bahn, mit der man bereits nur eine Station weiter wieder am Gare du Nord war. Von dort war es dann für viele nicht mehr weit, um sich endlich wieder in Sicherheit fühlen zu können.

Hollande hatte zu diesem Zeitpunkt längst den Ausnahmezustand ausgerufen und die Grenzen dicht gemacht.