Berlin. Gefühle zu erkennen ist bislang Menschen vorbehalten. Jetzt holen die Computer auf: Microsoft errechnet aus Bildern den Gemütszustand.

Microsoft würde sicher gerne Ihr Gesicht sehen, wenn Sie diese Zeilen lesen. Dann könnte das Unternehmen ausrechnen, ob sein neuestes Projekt Angst, Wut, Überraschung oder vielleicht auch Glücksgefühle bei Ihnen weckt. Denn: Microsoft kann aus Fotos von Gesichtern die Emotionen berechnen. Künstliche Intelligenz wird auf eine neue Stufe gehoben. Wir haben das mit einigen Bildern durchgespielt.

Die Entwicklung von Microsofts Project Oxford kalkuliert aus Bildern von Gesichtern die Werte für acht verschiedene Emotionen: Zorn, Verachtung, Ekel, Angst, Glück, Emotionslosigkeit („Neutral“), Traurigkeit und Überraschung. Auf der Seite des Projects Oxford kann für eine begrenzte Zeit jeder kostenlos mit dem Gefühlsrechner experimentieren. Unsere Redaktion hat die offiziellen Fotos der Mitglieder der Bundesregierung genutzt. Welche Emotionen ermittelt Microsoft auf den Bildern, die Politiker doch eigentlich möglichst vorteilhaft erscheinen lassen sollen?

Microsoft: So glücklich ist die Regierung

100-prozentig glücklich: Merkel ist die einzige im Kabinett, bei der Microsoft keine anderen Emotionen finden kann.
100-prozentig glücklich: Merkel ist die einzige im Kabinett, bei der Microsoft keine anderen Emotionen finden kann. © FMG | Bundesregierung
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) steht der Kanzlerin in Sachen Glück nur minimal nach. Mit fast identischen Werten folgen ihm Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD)
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) steht der Kanzlerin in Sachen Glück nur minimal nach. Mit fast identischen Werten folgen ihm Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) © FMG | Bundesregierung
Es folgt mit geringem Abstand Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Auch er vermittelt fast nur Glück.
Es folgt mit geringem Abstand Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Auch er vermittelt fast nur Glück. © FMG | Bundesregierung
Sie gab mal als SPD-Generalsekretärin singend die Pippi Langstrumpf: Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wirkt auf dem Foto auch sehr glücklich, sagt die Software. Vor ihr stehen aber noch Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), Justizminister Heiko Maas (SPD) und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).
Sie gab mal als SPD-Generalsekretärin singend die Pippi Langstrumpf: Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wirkt auf dem Foto auch sehr glücklich, sagt die Software. Vor ihr stehen aber noch Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), Justizminister Heiko Maas (SPD) und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). © FMG | Bundesregierung
Bei Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) will Microsoft im Gesicht auch ein wenig Verachtung und Ekel gefunden haben. Etwas mehr Glück als er strahlt Entwicklungshilfeminister Gerd Müller aus.
Bei Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) will Microsoft im Gesicht auch ein wenig Verachtung und Ekel gefunden haben. Etwas mehr Glück als er strahlt Entwicklungshilfeminister Gerd Müller aus. © FMG | Bundesregierung
Zu rund 73 Prozent glücklich, zu etwa 27 Prozent emotionslos: Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel.
Zu rund 73 Prozent glücklich, zu etwa 27 Prozent emotionslos: Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel. © FMG | Bundesregierung
Ein ganz klein wenig Traurigkeit und eine Spur Verachtung liest Microsoft aus dem Bild von Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) heraus. Ein klein wenig fröhlicher wirkt Umweltministerin Barabara Hendricks (SPD).
Ein ganz klein wenig Traurigkeit und eine Spur Verachtung liest Microsoft aus dem Bild von Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) heraus. Ein klein wenig fröhlicher wirkt Umweltministerin Barabara Hendricks (SPD). © FMG | Bundesregierung
Die meiste Traurigkeit spricht aus dem Gesicht von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), sagt Microsofts Software.
Die meiste Traurigkeit spricht aus dem Gesicht von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), sagt Microsofts Software. © FMG | Bundesregierung
Am wenigsten Glück findet Microsoft im Gesicht von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CD).
Am wenigsten Glück findet Microsoft im Gesicht von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CD). © FMG | Bundesregierung
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Mittel- und langfristig steckt in der Technik ein Riesenmarkt. Microsoft macht sie über eine Schnittstelle für Entwickler verfügbar. Das Unternehmen selbst skizzierte einige mögliche Anwendungen in einem am Mittwoch veröffentlichten Blogbeitrag, der am Donnerstag nicht erreichbar war (hier im Google-Cache). Ein großes Feld sieht Microsoft im Marketing – und Datenschützer könnten das Gruseln bekommen: Gesichter ließen sich etwa darauf analysieren, wie Kunden auf Schaufensterauslagen und Aufsteller reagieren. Derzeit können Reaktionen online besser gemessen werden als im Laden.

Ein weiterer Gedanke ist, kameraunterstützte automatisierte Online-Dialoge mit Kunden auch durch die Auswertung der Gesichtsausdrücke zu steuern. Wenn Zornesfalten erkennen lassen, dass Ärger droht, wird der Kunde bevorzugt bedient. Microsoft spricht nicht direkt an, dass die Anwendung in der Sicherheitstechnik von großem Interesse sein könnte.

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Kameraüberwachung, die Verhalten analysiert, ist etwa in Fußballstadien schon im Einsatz. Eine zusätzliche Analyse des Gesichtsausdrucks dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Aus vielen Fotos einer Person ließe sich ein durchschnittlicher Gesichtsausdruck ermitteln und die Person charakterisieren. Microsofts Entwicklungen bei der Gesichtsanalyse können auch dazu eingesetzt werden, Menschen auf verschiedenen Fotos wiederzuerkennen.

Happy, sagt auch die Software: Chris Bishop, Leiter von Microsofts Forschungszentrum in Cambridge, stellte den Gefühlsrechner auf der
Happy, sagt auch die Software: Chris Bishop, Leiter von Microsofts Forschungszentrum in Cambridge, stellte den Gefühlsrechner auf der "Future Decoded"-Konferenz vor. © FMG | Microsoft

Microsoft räumt ein, dass der Gefühlsrechner noch am Anfang steht. Bisher ist er deshalb auch vor allem Spielerei – und Microsoft nutzt den Spieltrieb, um zu lernen. Ein Heer von Nutzern, die neugierig Emotionen berechnen lassen, unterstützen so die Weiterentwicklung.

Sehr erfolgreich hat das Microsoft schon praktiziert mit einer Seite, die aus Fotos das Alter der abgebildeten Personen schätzt. In den ersten sieben Tagen nach dem Start von how-old.net am 30. April probierten das bereits 50 Millionen Nutzer aus – und Microsoft konnte mit den Rückmeldungen seine Maschinen immer weiter verbessern. Eine der ersten Erkenntnisse etwa war, dass Bart und Brille jeweils dazu führten, dass die Software Nutzer älter schätzte.