Berlin. Bis vor kurzem durchliefen syrische Flüchtlinge ein vereinfachtes Asylverfahren. Was unterscheidet dieses von der Einzelfallprüfung?

Der Umgang mit syrischen Flüchtlingen spaltet die Koalition. Kritiker des Vorschlags von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der zu einer Einzelfallprüfung mit mündlicher Anhörung zurückzukehren will, warnen vor unnötiger Bürokratie. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), mahnte sogar, dass die Verfahren das überlastete Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lahmlegen würden. Der Kritik schlossen sich viele Politiker an.

Was würde eine Rückkehr zur Einzelfallprüfung für Syrer bedeuten? Wie wurden syrische Flüchtlinge bislang von den Behörden behandelt und wie würde die Behandlung nach den Vorstellung des Innenministeriums aussehen? Ein Überblick.

Wie Asylverfahren für Syrer bislang verliefen

Bis vor kurzem liefen die Verfahren für bestimmte Gruppen von Flüchtlingen beschleunigt ab. Wegen der besonders gefährlichen Situation in ihrer Heimat waren Syrer genauso wie Christen, Mandäer und Jesiden aus dem Irak und auch Flüchtlinge aus Eritrea begünstigt. Für sie galt das sogenannte vereinfachte Verfahren – eine Leitlinie des Bundesamts, keine formale Vorgabe, die Mitarbeiter aber faktisch überall umgesetzt haben.

Die wesentlichen Punkte:

• Das vereinfachte Verfahren bestand im Wesentlichen aus einem 10-seitigen Fragebogen

• Die Antwortmöglichkeit beschränkten sich meistens auf Ja/Nein (Punkt 1: „Ich befürchte in Syrien Verfolgung wegen meiner Rasse, Religion, Nationalität...“)

• In der Regel bekamen alle Antragsteller wegen der Genfer Flüchtlingskonvention Schutz

• Dieser Status gewährt eine Aufenthaltserlaubnis von drei Jahren mit der Option auf Verlängerung sowie die Möglichkeit des Familiennachzugs

• Mit dem vereinfachten Verfahren dauerte ein Verfahren im Durchschnitt 3,8 Monate

Wie Asylverfahren für Syrer laut Innenministerium nun laufen sollen

Die Rückkehr zum klassischen Asylverfahren sieht weitaus mehr Schritte vor. In den Ablauf eingebunden sind mehrere Sachbearbeiter, die sogenannte Entscheider des BAMF und Dolmetscher. In einigen Fällen zieht das Bundesamt noch „Sonderbeauftragte“ hinzu, psychologisch besonders geschulte Mitarbeiter, die über Kenntnisse im Umgang mit Bürgerkriegsflüchtlingen verfügen. Diese sind erforderlich um das Dublin-Verfahren wieder bei allen Syrern anzuwenden.

Die wesentlichen Punkte:

• In einem persönlichen Gespräch mit jedem Flüchtlinge prüfen BAMF-Mitarbeiter, was die Hintergründe der Flucht sind.

• Der Bewerber muss detaillierte Angaben zu Lebenslauf, Wohnsitzen, Reisewegen und darüber machen, ob bereits ein Verfahren in einem anderen Staat läuft

• Für den Entscheider gibt es viele Recherchewege: Anfragen beim Auswärtigen Amt, Sprach- und Textanalysen des Flüchtlings und der Rückgriff auf medizinische Gutachten

• Es greift nicht automatisch der Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention, möglich sind auch das politische Asyl und der sogenannte „subsidäre Schutz“. Der „subsidäre Schutz“ gilt lediglich für ein Jahr und schließ den Familiennachzug aus

• In den ersten zehn Monaten 2014, in denen dieses Verfahren noch angewendet wurde, dauerte ein Verfahren unter der Einzelprüfung im Durchschnitt 4,6 Monate (mit rtr)