Berlin. Nach dem Asylkompromiss sieht sich die CSU als Sieger. Und die SPD will jetzt vom „Wir schaffen das“ zum „Wir machen das“ übergehen.

Die CSU-Spitzenpolitiker Horst Seehofer und Gerda Hasselfeldt zeigen sich mit dem Asylkompromiss der schwarz-roten Koalition sehr zufrieden. „Die CSU hat sich mit zentralen Forderungen durchgesetzt“, sagte Landesgruppenchefin Hasselfeldt unserer Redaktion. „Wir haben die schärfsten Regeln, die es jemals in unserem Lande gab – mit Zustimmung der SPD“, sagte der CSU-Vorsitzende am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. Die Ergebnisse seien „sehr, sehr gut“. Die CSU hatte den Konflikt mit weitreichenden Forderungen angeheizt.

Die Einrichtung von Transitzonen habe er zwar nicht durchsetzen können: „Zäune habe ich abgelehnt.“ Hauptziel sei aber gewesen, Menschen ohne Bleiberecht so schnell wie möglich wieder in ihre Heimatländer zurückzuschicken. Die beste Obergrenze sei jedoch, wenn die Flüchtlinge in ihrer Heimat bleiben würden. Hasselfeldt lobte die Einführung der verschärften Residenzpflicht. „Nur wer sich daran hält, hat Anspruch auf Leistungen und eine Perspektive auf Asyl“, sagte Hasselfeldt. Andernfalls drohten Sanktionen bis hin zur Abschiebung.

Seehofer: Es geht nicht um einen Machtkampf

Mit den neuen Aufnahme-Einrichtungen schafften Union und SPD mehr Ordnung im Verfahren. Nur dort sollen künftig Asylbewerber mit geringer Aussicht auf Anerkennung einen Antrag stellen können. Die Stadt oder den Landkreis dürfen sie nicht verlassen.

Sein Verhältnis zu Angela Merkel sei nun „wieder gekittet“, sagte Seehofer. Es gehe nicht um einen Machtkampf mit ihr, sondern „um die Lösung eines riesigen historischen Problems“. Hasselfeldt äußert sich ähnlich: „Uns ging es nie um Begriffe, sondern um die Lösung des Problems und das Verfahren an sich“, sagte die CSU-Politikerin.

Jetzt wird ans Werk gegangen? Seehofer, Merkel und SPD-Chef Gabriel nach dem Kompromiss.
Jetzt wird ans Werk gegangen? Seehofer, Merkel und SPD-Chef Gabriel nach dem Kompromiss. © dpa | Bernd Von Jutrczenka

Bayern gehe mit zwei Aufnahmeeinrichtungen mal wieder mit positivem Beispiel voran, so Hasselfeldt. „Andere Bundesländer sind jetzt gefordert, zügig nachzuziehen.“ Das Modell könne nur funktionieren, wenn die Last auf möglichst viele Schultern verteilt wird.

Die Spitzen der schwarz-roten Koalition hatten sich am Donnerstagabend nach wochenlangem Streit auf ein umfassendes Asylpaket geeinigt. Zentrales Element sind spezielle Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen. An drei bis fünf Standorten in Deutschland sollen sie eingerichtet werden. Asylverfahren dort sollen höchstens drei Wochen dauern.

Oppermann: „Transitzonen sind vom Tisch“

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erwartet nach der Einigung eine Rückkehr zur Sacharbeit in der Koalition. „Die Transitzonen sind vom Tisch. Die Regierungskrise ist beendet. Wir gehen jetzt wieder an die Arbeit“, sagte Oppermann am Freitag in Berlin. Die Verhandlungen seien konfrontativ gewesen, aber am Ende sei ein konstruktives Ergebnis herausgekommen.

„Ich glaube, dass Herr Seehofer gelernt hat, dass eine solche konfrontative Debatte nicht unbedingt zu den gewünschten Ergebnissen führt“, sagte Oppermann mit Blick auf die Verhandlungsführung des CSU-Chefs. „Wenn die Regierungsparteien sich streiten, dann nützt das ausschließlich den rechten Parteien in diesem Lande.“ Die Regierung müsse handeln und dürfe sich nicht in Diskussionen verzetteln. „Die Kanzlerin hat immer gesagt ,Wir schaffen das’. Wir gehen jetzt über zum ,Wir machen das’.“

Kretschmann: „Familiennachzug nicht leichfertig abhandeln“

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht dagegen noch viele offene Fragen. „Es gilt abzuwarten, was letztlich im Gesetz steht, dann können wir das präzise bewerten“, sagte er am Freitag in Stuttgart. „Sehr skeptisch“ zeigte sich Kretschmann zu dem Plan, den Familiennachzug für bestimmte Flüchtlinge für zwei Jahre auszusetzen: „Diese Frage lässt sich nicht leichtfertig abhandeln.“

Scharfe Kritik an dem Koalitions-Paket kam von der Hilfsorganisation Pro Asyl – vor allem hinsichtlich der geplanten Schnellverfahren für Flüchtlinge ohne Papiere. „Es sind aber viele, die ohne Papiere kommen, es sind viele, die auf illegalen Wegen kommen“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Freitag im RBB-Radio. „Die Begriffe sind so offen, dass man davon ausgehen muss, dass jetzt ein Rechtsinstrument geschaffen wird, wo potenziell sehr, sehr viele Menschen drunter fallen können, zum Beispiel afghanische Flüchtlinge, die man ja auch noch abschieben will nach Afghanistan.“

Generell kritisierte Burkhardt: „Warum wird dauernd neu an Gesetzesverschärfungen gedreht, ohne dass man erst einmal umsetzt, was beschlossen ist, und schaut, welche Auswirkungen dies hat?“ Er sprach von „Hau-Ruck-Verfahren, wo man nicht mehr hin schaut, was dem Flüchtling widerfahren ist“. (gau/dpa/rtr)