Washington. Hat der IS eine Bombe an Bord der abgestürzten Maschine geschmuggelt? Aus Sicherheitskreisen heißt es: ja. Offiziell ist das nicht.

Ein Bombenanschlag der Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) ist europäischen und amerikanischen Sicherheitsexperten zufolge wahrscheinlich die Ursache für den Absturz der russischen Passagiermaschine auf der Sinai-Halbinsel vom Samstag. Die vorhandenen Spuren deuteten darauf hin, dass der IS eine Bombe an Bord der Maschine geschmuggelt habe, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Sicherheitskreisen.

Bei dem Absturz des Passagierflugzeuges kurz nach dem Start vom Urlaubsort Scharm el-Scheich am Roten Meer waren alle 224 Menschen an Bord getötet worden.

US-Regierung hält sich mit Vermutungen zurück

Einem CNN-Bericht zufolge schließen die US-Geheimdienste einen Anschlag nicht aus. „Es gibt ein eindeutiges Gefühl, dass es ein Sprengkörper war, der im Gepäck oder anderswo im Flugzeug versteckt wurde“, zitierte der Sender einen namentlich nicht genannten Vertreter der US-Regierung. Es gebe aber bislang keine belastbaren oder bestätigten Geheimdienstberichte für eine spezifische Bedrohung vor dem Absturz.

Die US-Regierung vermied es, die Vermutung der Geheimdienste öffentlich zu nähren. „Es wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht hilfreich, unsere eigenen Ansichten oder Meinungen in die Ermittlungen einfließen zu lassen“, sagte Außenamtssprecher John Kirby. Mitarbeitern der Regierung würde von Reisen auf die Sinai-Halbinsel aus Sicherheitsgründen zwar abgeraten. Diese Empfehlung beruhe aber auf keinen neuen Informationen, sondern auf bereits bekannten Bedrohungen.

„Sprengkörper ist signifikante Möglichkeit“

Die britische Regierung war da weniger zurückhaltend. Außenminister Philip Hammond erklärte, er gehe nach der Auswertung verschiedener Quellen davon aus, dass eine Bombe an Bord die Flugzeugkatastrophe ausgelöst haben könnte. Ein Sprengkörper sei eine „signifikante Möglichkeit“ als Ursache, sagte Hammond am Mittwochabend in London. Die Regierung hatte alle Flüge von Scharm el-Scheich nach Großbritannien vorerst gestoppt. Auch Irland ließ vorerst keine Flugzeuge mehr von und nach Scharm el-Scheich fliegen. Aus Deutschland wurden zunächst keine Einschränkungen des Luftverkehrs bekannt.

Die Maschine war über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Die Region ist seit Monaten Schauplatz erbitterter Auseinandersetzungen zwischen ägyptischen Sicherheitskräften und aufständischer Islamisten. Es ist das schwerste Unglück in der Geschichte der russischen Luftfahrt.

Flugschreiber wird derzeit ausgewertet

Ägyptens Außenminister Samih Schukri sagte auf die Frage, ob er einen Terroranschlag für möglich halte, das müsse die Untersuchung klären. Vorschnelle Urteile oder Maßnahmen könnten negative Auswirkungen auf eine große Zahl von Ägyptern haben, die von der Tourismusindustrie lebten.

In Ägypten werden derzeit die Flugschreiber ausgewertet. Wie das Ministerium für zivile Luftfahrt mitteilte, konnten die Informationen vom Datenrekorder sichergestellt werden. Der Stimmenrekorder, der Tonaufnahmen der Gespräche von Pilot und Copilot sowie weitere Geräusche im Cockpit speichert, sei jedoch zum Teil beschädigt, hieß es. Hier müsse noch einiges getan werden, bevor die Daten extrahiert werden könnten. Bergungsteams weiteten die Suche am Unglücksort deutlich aus. (dpa/Reuters)