Berlin . Vor dem Flüchtlings-Gipfel distanziert sich die SPD vom Koalitionspartner: Die geforderten „Transitzonen“ seien eine rote Linie.

Die SPD setzt sich in der Asylpolitik von den Wünschen ihres Koalitionspartners CDU/CSU deutlich ab und schlägt die Einrichtung dezentraler Registrierungs- und Einreisezentren für Flüchtlinge vor. Die in der Union bevorzugten zentralen „Transitzonen“ für Asylbewerber an den Grenzen seien als „riesige Haftzonen weder organisatorisch durchführbar noch rechtlich darstellbar“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Samstagnachmittag in Berlin mit Blick auf den Koalitionsgipfel zur Flüchtlingskrise am Sonntag.

Flüchtlinge, die sich dem Registrierungsverfahren verweigern, würden weniger Leistungen bekommen und erhebliche Nachteile im Asylverfahren erleiden, betonte Gabriel. „Die Gewährung von Leistungen ist an diese Registrierung in Einreisezentren gebunden.“

„Um Deutschland herum gibt es keine Zugbrücke“

Das SPD-Konzept sei im Vergleich mit dem der Union „ein wesentlich intelligenterer Alternativvorschlag“. Ziel sei ein besseres, kontrollierteres und geordneteres Verfahren der Einreise und der Registrierung von Asylbewerbern. Denn: „Um Europa, um Deutschland herum gibt es keine Zugbrücke.“ Einreisezentren in allen Regionen Deutschlands könnten vom Bund und den Ländern in Erstaufnahmeeinrichtungen und Wartezonen betrieben werden. „Es passt sich ein in die Struktur, die wir haben“, sagte SPD-Parteivize Olaf Scholz.

Zu den Transitzonen-Plänen der Union sagte Gabriel: „Mir hat ehrlich gesagt noch keiner erklärt, welches Fußballstadion man dafür umrüsten will. Das sind unausgegorene Vorschläge.“ Bei den Zielen der Flüchtlingspolitik sei sich die SPD mit der Union einig, „da sind wir, glaube ich, nicht auseinander“.

Differenzen sah Gabriel allerdings auch bei der von CDU und CSU vorgeschlagenen Aussetzung des Familiennachzugs: „Ich rate dazu, dass wir Vorschläge vorlegen, die wir ohne Konflikt mit dem deutschen Verfassungsgericht auch umsetzen können.“ Daher rate er, sich anzuschauen, was Karlsruhe dazu gesagt habe. „Es nützt nichts, jeden Tag neue Vorschläge zu machen, sondern es wäre gut, wenn wir mal umsetzen, was wir verabredet haben.“

Wartezonen in Kommunen

In diesem Zusammenhang nannte der SPD-Chef Wartezonen als Pufferbereiche für die mit dem Asylbewerber-Andrang überlasteten Kommunen, die fünf bereits verabredeten Drehkreuze und Verteilzentren, von denen ebenfalls noch nichts zu sehen sei, sowie 40 000 vom Bund geplante Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen. Auch die verabredete kürzere Verfahrensdauer beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stehe noch aus.

Zum Streit in der großen Koalition über die deutsche Asylpolitik und zu den Attacken von CSU-Chef Horst Seehofer auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Gabriel, es sei bei so schwierigen Fragen „nicht klug“, wenn Ultimaten gestellt und Drohungen ausgesprochen würden. „Man muss schon dafür Sorge tragen, dass eine Regierung vernünftig miteinander umgeht“, so der Vizekanzler. (dpa)