Buenos Aires . Daniel Scioli hat bei der Präsidentenwahl nicht die absolute Mehrheit erreicht. Ein zweiter Wahlgang muss für Klarheit sorgen.

In Argentinien muss der Nachfolger der Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner in einer Stichwahl bestimmt werden. Nach der ersten Wahlrunde am Sonntag lagen der Kandidat der Regierungskoalition Daniel Scioli und der konservative Oppositionspolitiker Mauricio Macri überraschend nahe beieinander.

Prognosen zufolge konnte Scioli, Kandidat der Regierungspartei FPV (Frente para la Victoria), nicht die Mehrheit für einen Sieg in der ersten Runde erreichen. Scioli, der als Favorit in die Wahl gegangen war, erreichte nach Auszählung von 88 Prozent der Stimmen 36,0 Prozent. Der liberal-konservative Kandidat Macri, Bürgermeister der Hauptstadt Buenos Aires, kam überraschend auf 35,1 Prozent.

Stichwahl am 22. November

In Argentinien muss ein Kandidat 45 Prozent der Stimmen erreichen oder mindestens 40 Prozent sowie 10 Prozentpunkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten haben, um in der ersten Runde zu gewinnen. Als Termin für eine Stichwahl ist der 22. November vorgesehen.

Nach den ersten Prognosen auf der Basis von Nachwahlbefragungen hatte Scioli noch klar in Führung gelegen. Am späten Abend bat er die Wähler um ihre Unterstützung, ohne allerdings direkt auf einen zweiten Wahlgang einzugehen. „Zusammen werden wir triumphieren“, sagte Scioli. „Ich rufe die unentschiedenen und unabhängigen Wähler auf, sich unserer Sache anzuschließen.“

Mauricio Macri stellt Abbau von Handels- und Währungskontrollen in Aussicht

Der wirtschaftsfreundliche Macri sagte vor Anhängern: „Was heute geschehen ist, wird die Politik in diesem Land ändern.“ Er genießt die Unterstützung vor allem der Mittel- und Oberschicht in den Städten. Macri ist auch der Kandidat der Investoren und hat einen raschen Abbau von Handels- und Währungskontrollen in Aussicht gestellt.

„Es gibt sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft Argentiniens“, sagte Scioli mit Blick auf seinen konservativen Kontrahenten. „Bei uns haben die ärmeren Menschen, die Arbeiter und die Mittelklasse Vorrang.“ Dem Oppositionsbündnis hielt er eine rückwärtsgewandte Politik vor. Für einen Sieg in der ersten Runde hätte Scioli 45 Prozent der Stimmen oder 40 Prozent und zehn Punkte Vorsprung vor Macri benötigt.

Kirchner-Ära geht nach 13 Jahren zu Ende

Mit der Wahl geht auch die Ära des Kirchner-Clans zu Ende, der 13 Jahre die Politik Argentiniens bestimmt hatte. Cristina Kirchner durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren. Zunächst hatte ihr 2010 verstorbener Ehemann Néstor (2003-2007) das Land geführt, danach seine Witwe Cristina.

Die rund 32 Millionen Argentinier waren aufgerufen, außer ihrem Staatsoberhaupt noch 130 Abgeordnete für den Nationalkongress, 24 Senatoren, zwölf Gouverneure und 43 Abgeordnete für das Parlament der lateinamerikanischen Wirtschaftsunion Mercosur zu wählen.

Angst vor neuer Finanzkrise

Argentinien leidet immer noch an den Folgen des Staatsbankrotts von 2002. Im Juni hatte ein New Yorker Gericht verfügt, dass Südamerikas zweitgrößte Volkswirtschaft weitere 500 Gläubiger komplett auszahlen muss. Die Forderungen belaufen sich auf 5,4 Milliarden US-Dollar. Die argentinische Regierung wehrt sich dagegen. Allerdings ist in der Bevölkerung die Angst vor einem weiteren Kursverlust der Landeswährung und einer neuen Finanzkrise groß. Die Inflation beträgt derzeit etwa 30 Prozent jährlich.