Rom. Ein Beschwerdebrief konservativer Kardinäle an Papst Franziskus ist offenbar an die Presse gelangt. Die Synode im Vatikan hat ihren Skandal.

Im Ringen um die künftige Linie der Kirche in Familienfragen kämpfen die beiden Lager offenbar mit harten Bandagen. „Dies ist ein neues Vatileaks“, polterte jetzt Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Offenbar gebe es jemanden im Vatikan, der „Streit säen“ und „Spannungen erzeugen“ wolle, „das ist doch klar“, so Müller im Interview mit dem „Corriere della Sera“.

Der Begriff „Vatileaks“ steht für einen der größten Skandale im Vatikan. 2011 und 2012 hatte der Kammerdiener des damaligen Papstes Benedikt XVI., Paolo Gabriele, vertrauliche Dokumente an die Medien weitergegeben. Gabriele wurde zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt.

Brandbrief von 13 Oberhirten im Internet

Was Kardinal Müller, Chef der mächtigen Glaubenskongregation des Vatikan, jetzt so erzürnt: Die italienische Wochenzeitung „L’Espresso“ hatte ein angebliches Schreiben von 13 konservativen Kardinälen an den Papst auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Die Absender beschweren sich darin über die Arbeitsmethoden der gerade im Vatikan tagenden Familiensynode: der Verlauf der Synode sei manipuliert worden, um bestimmte Ergebnisse hervorzubringen. Es geht dabei etwa um die künftige Haltung der Kirche zur Homo-Ehe, Scheidungen und Abtreibung. Einer der Unterzeichner des Briefes laut „L’Espresso“: Kardinal Müller.

Dass das Magazin das ominöse Dokument schon bald nach Veröffentlichung wieder von seiner Internetseite verschwinden ließ, heizte die Debatte nur weiter an. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte noch am Montag, er habe keine Bestätigung für die Existenz des Schreibens. Kardinal Müller bestätigt nun in dem Interview indirekt, dass es das Schreiben tatsächlich gibt: „Ich sage nicht, ob ich unterzeichnet habe oder nicht.“ Inzwischen bestätigte auch ein Sprecher des australischen Kardinals George Pell, der den Brief laut „L’Espresso“ übergeben haben soll, die Existenz eines solchen Schreibens an den Papst.

„Niemand ist gegen den Papst“

Im Vatikan beraten derzeit knapp 300 Bischöfe aus aller Welt über das künftige Familienbild der Katholischen Kirche. Bei dieser Synode geht es um so heikle Fragen wie Homosexualität, den Umgang mit wieder verheirateten Geschiedenen oder Empfängnisverhütung. Mit Spannung wird erwartet, ob sich dabei die Modernisierer gegen die Konservativen unter den Oberhirten werden durchsetzen können. Am Ende muss der Papst entscheiden – doch ist unklar, in welche Richtung der Pontifex tendiert.

Kardinal Müller, ein erklärter Vertreter der konservativen Riege, weist nun im „Corriere della Serra“ Behauptungen zurück, er stehe nicht loyal hinter Franziskus. „Ich lasse nicht zu, dass mein Gehorsam und mein Dienst für Papst und Kirche in Zweifel gezogen werden“, so Müller. Als Präfekt der Glaubenskongregation sei er der „erste Mitarbeiter des Papstes“. Und weiter: „Ich kenne niemanden, der gegen den Papst ist.“