Brüssel/Athen. Sondergipfel der Euro-Gruppe, ein Grexit rückt näher. Lagarde attackiert griechischen Finanzminister Varoufakis persönlich.

Ist das der letzte Lösungsversuch im Griechen-Dilemma? EU-Ratspräsident Donald Tusk hat ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Euroländer für diesen Montag (22.6.) einberufen. Die Zusammenkunft solle am Abend stattfinden, teilte der EU-Ministerrat am Donnerstag nach einer ergebnislosen Eurogruppen-Sitzung mit. „Es ist Zeit, dringend über die Lage in Griechenland auf höchster politischer Ebene zu sprechen“, schrieb Tusk. Schon bei der Eurogruppen-Sitzung in Luxemburg hatte der irische Finanzminister Michael Noonan gesagt, dass die „Chefs“ in der kommenden Woche in der Griechenland-Krise beraten werden.

Das Krisentreffen wird nur wenige Tage vor dem regulären EU-Gipfel stattfinden, der für Donnerstag und Freitag geplant ist. Bei diesem Gipfel werden die „Chefs“ aller 28 EU-Staaten zusammenkommen.

Die Griechen müssen bis zum 30. Juni Schulden von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen. Andernfalls droht der Staatsbankrott. Athen müsste den Euro als Währung möglicherweise aufgeben.

Tausende Bürger haben am Donnerstagabend in Athen für einen Verbleib Griechenlands im Euroraum demonstriert. Die Kundgebung stand unter dem Motto: „Wir bleiben in Europa“. Die Menschen forderten, dass sich die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras mit den Partnern und Gläubigern verständigt, damit Griechenland den Euro als Währung behalten kann. Zu der Demonstration hatten Sympathisanten und Wähler der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia sowie der Sozialisten (Pasok) und anderer pro-europäischer Organisationen und Vereinigungen aufgerufen. Auch mehrere Abgeordnete dieser Parteien nahmen an der Kundgebung teil.

Viele Demonstranten machten mit Trillerpfeifen Lärm, um damit – wie sie sagten – die Bürger Griechenlands „aufzuwecken“. Ihrer Ansicht nach könnte das Land bald in den Abgrund stürzen, sollte die Links-Rechts-Regierung ihre „unnachgiebige“ Verhandlungstaktik mit den Gläubigern fortsetzen, hieß es.

Am Vorabend hatten Tausende linke Bürger für eine harte Haltung gegenüber den Gläubigern des pleitebedrohten Landes demonstriert. Analysten sahen in den beiden Demonstrationen Anzeichen für eine gefährliche Spaltung des Landes.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nannte es am Donnerstag undenkbar, dass vor dem 30. Juni eine mögliche Vereinbarung mit Griechenland umgesetzt wird und eine Auszahlung an das Land erfolgt. Sollte es zu einer Vereinbarung kommen, müsste das aktuelle Hilfsprogramm verlängert werden, um Zeit für die Auszahlung zu gewinnen.

Die Verhandlungen mit der griechischen Delegation haben an ironischer Schärfe zugenommen, wenn sie nicht gar ins Beleidigende abgedriftet sind. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sagte am Donnerstag nach Gesprächen, an denen auch der griechische Finanzminister Janis Varoufakis teilnahm: "Das Drängendste ist, dass wir einen Dialog mit Erwachsenen im Raum wiederherstellen." (HA/dpa)