“Deutschland schafft sich ab“ heißt das neue Buch von Thilo Sarrazin. Die Vorabdrucke bringen seine Gegner in der Berliner SPD zur Weißglut.

Berlin. Das neu Buch von Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) ist noch nicht einmal auf dem Markt, da sorgt es bereits für heftige Diskussionen. Mit Thesen zur Integration hat Sarrazin erneut Parteifreunde in Berlin provoziert. Nach Vorabdrucken aus seinem am Montag nächster Woche erscheinenden Buch teilte die Partei-Arbeitsgemeinschaft Migration mit: „Nun haben wir es schwarz auf weiß: Sarrazins Positionen sind diffamierend und gefährlich populistisch.“ Kritik kam auch aus der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration. In im „Spiegel“ und in der „Bild“-Zeitung veröffentlichten Auszügen aus seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ warnt der 65-Jährige vor einer Überfremdung Deutschlands. Der Ökonom kritisiert, muslimische Einwandererfamilien profitierten überproportional von Sozialleistungen und leisteten keinen Beitrag zum Wohlstand. Sarrazin fordert hohe Hürden für die Zuwanderung und strenge Anforderungen an hier lebende Menschen mit ausländischen Wurzeln.

Die Migrationspolitiker der Berliner SPD warfen dem früheren Berliner Finanzsenator vor, Menschen allein nach ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu beurteilen. Sein Weltbild sei von Angst geprägt. „Für uns ist Sarrazin schon lange kein Sozialdemokrat mehr“, heißt es in einer Mitteilung vom Montag. Linksfraktionschef Udo Wolf nannte Sarrazins Äußerungen unerträglich, rechtspopulistisch und an Volksverhetzung grenzend. „Der Ex-Senator beurteilt Menschen lediglich nach der Verwertbarkeit für sein persönliches Wohlbefinden. Hätte er im Amt unter Rot-Rot derartige Positionen vertreten, wäre er die längste Zeit Senator gewesen.“

Der Sachverständigenrat acht großer deutscher Stiftungen, der sich mit Fragen der Integration und Zuwanderung beschäftigt, kritisierte: „Der Artikel von Thilo Sarrazin bringt dort, wo er Recht hat, nichts Neues und dort, wo er neu ist, meist eine groteske Mischung von statistisch verbrämten Halbwahrheiten, Vorurteilen, Unterstellungen und bösartigen Verallgemeinerungen.“ Das Gremium nennt Sarrazin einen „mediensüchtigen Besserwisser“ und fragte, warum er als Senator in Berlin nichts gegen die von ihm beklagten Entwicklungen unternommen habe. Sarrazin war im März beinahe aus der SPD geflogen. Er hatte in einem Interview Arabern und Türken unterstellt, leistungs- und integrationsunwillig zu sein. Eine Landesschiedskommission urteilte, Sarrazin habe sich zwar „radikal und bis zum Tabubruch“ geäußert, allerdings nicht rassistisch, weil er auch Deutsche kritisiert habe. „Die SPD muss solche provokanten Äußerungen aushalten“, hieß es damals. Die Kommission stellte aber auch klar: Sarrazin müsse sich bewusst sein, „dass er durch diese Entscheidung keinen Freifahrtschein für alle künftigen Provokationen“ erhalte.