Während der Feiern zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg wird die russische Stadt an der Wolga wieder seinen umstrittenen Namen tragen.

Moskau. 70 Jahre nach der Schlacht von Stalingrad wird das russische Wolgograd für die Feiern zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg wieder seinen alten umstrittenen Namen tragen. Das Parlament der Millionenstadt an der Wolga billigte einen Antrag von Veteranen, die Heldenstadt an diesem Samstag (2. Februar) und an fünf weiteren Gedenktagen wieder Stalingrad zu nennen. Historiker und Menschenrechtler, aber auch Teile der politischen Führung haben Sowjetdiktator Josef Stalin (1879-1953) immer wieder als Massenmörder verurteilt und vor einer Heldenverehrung gewarnt.

Zu den Gedenkfeiern an der Wolga an diesem Wochenende werden auch Kremlchef Wladimir Putin sowie Delegationen aus Deutschland und anderen Ländern erwartet. „Der 2. Februar 1943 ist ein heiliges Datum in der Geschichte unserer Stadt, die der ganzen Welt großen Mut und Tapferkeit, Widerstandswillen und Heldentum beispielhaft vor Augen geführt hat“, meinte die Vizechefin der Stadtduma, Irina Solowjowa. Auch am 9. Mai, dem Tag des Sieges über Hitler-Deutschland, sowie an vier weiteren Gedenktagen sei die Rückbenennung in Stalingrad erlaubt.

Der Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin verurteilte die Entscheidung scharf. „Das ist eine Beleidigung der Gefallenen von Stalingrad. Selbstverständlich verdienen sie eine Würdigung, aber nicht in dieser Form“, sagte Lukin der Agentur Interfax. Der Wolgograder Philosophie-Professor Alexander Strisoje sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die russische Gesellschaft ist nicht bereit für eine Umbenennung.“ Zugleich betonte er, dass Stalingrad für Russland eine ungeheure Bedeutung habe. „Der Name erinnert an den gemeinsamen Erfolg“, sagte Strisoje.

Die Kommunisten fordern immer wieder eine dauerhafte Rückkehr zum alten Namen der Stadt. Eine Initiative reichte beim Kreml 50 000 Unterschriften von Unterstützern ein. Die Mehrheit der Russen ist aber dagegen. In einer Umfrage des Instituts Lewada aus dem Herbst 2012 lehnten 60 Prozent den Plan ab, lediglich 18 Prozent waren dafür.

Medien berichteten, dass 70 Jahre nach dem Sieg der Roten Armee über die deutschen Truppen in Stalingrad auch in St. Petersburg und im sibirischen Tschita Busse mit Stalin-Porträts fahren. Gegen ähnliche Aktionen hatte es in der Vergangenheit heftige Proteste unter anderem von der Menschenrechtsorganisation Memorial gegeben.

Stalingrad hatte 1961 im Zuge einer politischen Tauwetterperiode in der Sowjetunion nach 36 Jahren seinen umstrittenen Namen verloren und heißt seither Wolgograd. Vorher hatte die Stadt über Jahrhunderte den Namen Zarizyn getragen.

Für den Sieg der Roten Armee über den Hitler-Faschismus wird Stalin auch 60 Jahre nach seinem Tod in weiten Teilen der russischen Bevölkerung verehrt. Experten kritisieren, dass Stalins kommunistischer Terror gegen die eigene Bevölkerung dabei in den Hintergrund tritt. Geschichtswissenschaftler geben ihm die Schuld am Tod von Millionen Menschen. In der Schlacht von Stalingrad verloren mindestens 700 000 Russen und Deutsche ihr Leben.