Wird aus Merkel und Hollande einmal ein Paar à la Merkozy? Bei einer Feier der Freundschaft geben sie sich bar jeder Differenz.

Ludwigsburg. Das Wetter spielte mit bei der Feier der deutsch-französischen Freundschaft am Sonnabend in Ludwigsburg. Nach Nieselregen ließ die Herbstsonne das Barockschloss erstrahlen und erzeugte die passende Stimmung für die Erinnerung an die völkerverbindende Rede des ehemaligen Staatspräsidenten Charles de Gaulle. Dort wo der Kämpfer gegen die Nazis vor 50 Jahren die Hand zur Versöhnung ausstreckte, erinnerte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) daran, dass nicht immer eitel Sonnenschein zwischen Deutschen und Franzosen geherrscht hatte. Ja, den beiden Staaten, die in weniger als einem Jahrhundert dreimal Krieg gegeneinander führten, sei eine „Erbfeindschaft“ nachgesagt worden.

De Gaulle habe in seiner Rede an die Jugend den jahrzehntelangen Konflikten eine Optimismus entgegengestellt, der noch immer vorbildhaft sei: „Lassen wir uns auch heute und in Zukunft von dieser Zukunftsfreunde anstecken.“ Dabei sieht Merkel ebenso wie ihr der französische Präsident François Hollande vor allem die Jugend in einer Hauptrolle. „Das Europa der Zukunft liegt in euren Händen“, rief sie den jungen deutschen und französischen Zuhörern zu. Auch Hollande beendete seine Rede auf Deutsch mit einem Appell an die „jungen Damen, jungen Herren, aus Deutschland, aus Frankreich, aus ganz Europa“: „Ihre Rolle ist es, dem europäischen Traum Wirklichkeit und Zukunft zu verleihen.“

Doch bei allem Gleichklang in diesem Punkt setzten die Christdemokratin und der Sozialist in ihren Ansprachen unterschiedliche Akzente. Während Merkel eher auf die Historie einging, beschäftigte sich Hollande mehr mit der gegenwärtigen Krise der Europäischen Gemeinschaft. Diese sei nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine moralische, weil Europa an sich selbst zweifele. Doch ohne gemeinsames Handeln drohten die einzelnen Länder der Skepsis, dem Egoismus und Populismus anheimzufallen. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass Europa die Krise überwinde. Die deutsch-französische Verbundenheit könne dabei andere mitreißen - allerdings ohne diese zu bevormunden.

Merkel erinnerte an den geschichtlichen Kontext der Rede de Gaulles, der bereits vom Ost-West-Gegensatz geprägt war. Damals sei es für sie als ein Mädchen von acht Jahren aus Ostdeutschland völlig undenkbar gewesen, später einmal als Kanzlerin eines in Frieden wiedervereinigten Deutschlands zu sprechen. Dies sei der europäsichen Integration zu verdanken. „Wir Europäer sind zu unserem Glück vereint“, fügte sie vor 650 geladenen Gästen hinzu. Die Reden wurden auch auf einem deutsch-französischen Bürgerfest mit mehreren Tausend Besuchern übertragen.

Merkel und Hollande waren sich in der Vergangenheit nicht immer grün, anders als die Begrüßung vor dem roten Teppich mit Küsschen à la française erahnen ließ. Nicht umsonst erinnerten beide daran, dass Freundschaft Pflege brauche. Dabei sieht Merkel die Jugend in der Verantwortung, die etwa im deutsch-französischen Jugendwerk die Beziehungen vertiefen könne. Hollande beschreibt die Partnerschaft beider Staaten als Ehe eines alten Paares, „das schon lange zusammen ist und manchmal die Orientierung verliert“. Mögliche neue Projekte könnten sich bei Forschung, Klimaschutz, Alternativ-Energien und Informationstechnologie ergeben. Man dürfe in der Freundschaft nicht in Gewohnheit verfallen. „Wir haben die Pflicht, diese Flamme jeden Tag wieder zu entzünden.“

Merkel bremst nach Treffen mit Hollande bei Bankenaufsicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel beharrt auch nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Francois Hollande darauf, dass bei der geplanten europäischen Bankenaufsicht Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht. „Es muss gründlich sein, eine gute Qualität haben, und dann schauen wir, wie lange das dauert“, sagte Merkel am Samstag in Ludwigsburg nach einem Treffen mit Hollande. Es gehe bei dem Projekt darum, mehr Verlässlichkeit und mehr Durchgriffsrechte zu schaffen, damit die Finanzmärkte wieder Vertrauen fassten. „Es nutzt aber nichts, dies auf die lange Bank zu schieben.“ Deshalb wolle man die Finanzminister bitten, so zügig wie möglich zu arbeiten. Deutschland hatte im Vorfeld auf erhebliche rechtliche Probleme aufmerksam gemacht.

Auch Hollande, der zuvor auf eine schnelle Umsetzung möglichst bis zum 1. Januar 2013 gedrungen hatte, äußerte sich nach dem Treffen vorsichtiger. „Umso früher, umso besser“, sagte er auf die Frage, wann die Bankenaufsicht einsatzbereit sein solle. „Ich bin für eine Bankenunion, das ist ein sehr wichtiger Beitrag zur Stabilität“, betonte der Sozialist. Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte die Aufsicht übernehmen, für eine größtmögliche Anzahl an Finanzinstituten. Aber die nationalen Aufsichten sollten dabei selbstverständlich eine Rolle spielen. Damit kommt er der Bundesregierung entgegen, die einen Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt hat, nach dem die EZB die Aufsicht über alle rund 6000 Banken in der EU bekommen soll, also auch über die regionalen und lokalen Sparkassen und Genossenschaftsbanken.