Die Maschine der Kanzlerin setzte als erstes auf der umstrittenen Nordwestbahn auf. Merkel lobte den Neubau, doch nicht alle feierten mit.

Frankfurt. Mit der Eröffnung der Landebahn Nordwest beginnt für den Frankfurter Flughafen ein neues Kapitel: Der größte deutsche Flughafen baut mit der 3,6 Kilometer langen Piste seine Stellung als ein führendes Drehkreuz im internationalen Luftverkehr weiter aus. „Mit dieser neuen Bahn kann der Frankfurter Flughafen die Kapazitätsengpässe endlich überwinden und der internationalen Luftfahrt wieder Wachstumschancen bieten“, sagte Fraport-Vorstandschef Stefan Schulte bei der Eröffnung am Freitag. In den nächsten Jahren will der Flughafen seine Starts und Landungen um die Hälfte erhöhen. 25.000 zusätzliche Arbeitsplätze sollen bis 2015 geschaffen werden.

Die neue Landebahn nahm mit der Ankunft der Regierungsmaschine von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Betrieb auf. Merkel sagte, die Landebahn sei „ein Gewinn für den Flughafen, sie ist ein Gewinn für die Region, und sie ist ein Gewinn für das ganze Land.“ Sie räumte ein, dass die Anwohner mit mehr Fluglärm leben müssten. Die Kanzlerin wurde mit Pfiffen von Demonstranten begrüßt. Etwa 500 Menschen protestierten im benachbarten Flörsheim gegen den Fluglärm. Der Höhepunkt der Proteste wird für Samstag erwartet: Die Veranstalter einer Demonstration in Mainz erwarten mehrere Tausend Teilnehmer.

Fraport fordert schnelle Entscheidung über Nachtflugverbot

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, der Flughafen sei der „Herzmuskel“ der wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Er schaffe Wohlstand und sichere Arbeitsplätze. Zugleich sei die Landesregierung sensibel gegenüber den Interessen der Bürger. Mit Blick auf die Nachtflüge bekräftigte Bouffier, an der Revisionsklage vor dem Bundesverwaltungsgericht festzuhalten. Eine höchstrichterliche Entscheidung sei im Interesse der Rechtssicherheit.

Der Fraport-Vorstandschef Schulte forderte pragmatische Regelungen für verspätete Abflüge. Er mahnte zudem nach dem vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel vor knapp zwei Wochen verhängten Nachtflugverbot eine rasche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig an.

Rheinland-Pfalz unterstützt Klagen gegen Flugrouten

Auch der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Christoph Franz kritisierte das Nachtflugverbot. Er nannte den Preis für die neue Landebahn zu hoch, insbesondere für den Frachtverkehr seines Unternehmens. Die anstehenden Ausweichmanöver über Köln/Bonn und die Absage von Transporten, die nun unternommen werden müssten, seien „ökonomisch und ökologisch grotesk“.

Wenig Begeisterung nach der Eröffnung der Landebahn herrscht in Rheinland-Pfalz: Die Freigabe der Landebahn Nordwest sei „alles andere als ein Festtag für die Region“, teilten Innenminister Roger Lewentz (SPD) und Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) mit. Ihrer Einschätzung zufolge ist die Grenze der Belastung in Rheinhessen durch die neuen Flugrouten schon überschritten. Die Landesregierung kündigte an, die Hälfte der Kosten für ein Klageverfahren gegen die neuen Flugrouten der Kommunen im Landkreis Mainz-Bingen zu übernehmen.

Protest von Umweltverbänden und Parteien

Weiterer Protest kam von Umweltverbänden. Die Organisation Robin Wood protestierte gegen die Eröffnung der Landebahn mit einem großen Transparent in einem Terminal des Flughafens. Darauf forderten sie: „Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Flugbewegungen deckeln!“. Dem Verband stößt besonders auf, dass für die neue Landebahn Wald gerodet wurde. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sagte, die Inbetriebnahme sei „kein Grund zur Freude“. Der Ausbau führe in eine Sackgasse.

Die Grünen im hessischen Landtag bezeichneten die Inbetriebnahme als „Anlass zur Sorge“ und pochten auf ein Nachtflugverbot. Die SPD betonte, das Projekt sei die wichtigste Infrastrukturmaßnahme der Region innerhalb des letzten Jahrzehnts. Die Linke beklagte, es gebe „keinen Grund zum Feiern“. Die Regierungspartei CDU bezeichnete die Eröffnung indes als „neue Ära“ in der Wirtschaftsentwicklung Hessens.