Deutsche Behörden verletzten offenbar europäisches Recht. Es geht um Zuwanderung von direkten Verwandten und Lebenspartnern.

Brüssel. Deutschland behindert nach Ansicht der EU-Kommission in bestimmten Fällen den Zuzug von EU-Bürgern. Deshalb sei bereits im Juni ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Berlin eingeleitet worden, teilte die Behörde in Brüssel mit. Nach Brüsseler Angaben verletzen deutsche Behörden vor allem bei der Familienzusammenführung europäische Vorschriften. So werde beispielsweise der Zuzug direkter Verwandter nur in Härtefällen genehmigt. Homosexuelle Lebenspartner müssten ausreichende Sprachkenntnisse nachweisen. Auch bei der Ausweisung von EU-Bürgern sei Deutschland strenger, als es EU-Vorschriften zuließen.

„Die Europäische Kommission wird wachsam bleiben, bis alle Mitgliedstaaten die rechtlichen Bedenken der Kommission in vollen Umfang ausgeräumt haben“, sagte Justizkommissarin Viviane Reding. Die Bundesregierung sei informiert. Man führe einen „konstruktiven Dialog“, hieß es aus ihrem Büro. Insgesamt sind Verfahren gegen zehn EU-Staaten eingeleitet worden, darunter beispielsweise Großbritannien, Österreich und Polen. Ein weiteres Verfahren gegen Belgien wird noch geprüft. Alle anderen Mitgliedsländer hätten Bedenken der EU entweder ausgeräumt oder Rechtsvorschriften geändert.

Die Kommission war eingeschritten, weil sie das Recht auf Personen-Freizügigkeit in der EU als verletzt ansieht. Das Verfahren kann in letzter Konsequenz in eine Klage der Kommission gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) münden. Vor einem Jahr hatte ein Verfahren gegen Frankreich für Aufsehen gesorgt. Wegen der Massenabschiebung von Roma setzte die EU damals Frankreich massiv unter Druck. Paris beschloss deshalb im vergangenen Juni entsprechende Gesetzesänderungen. Die Ereignisse seien ein „Weckruf für Europa“ gewesen, betonte Reding. Das deutsche Verfahren richtet sich nicht gegen die Behandlung der Roma. (dpa)