Nach US-Präsident Obama fordern nun auch Bundeskanzlerin Merkel, Nicolas Sarkozy und David Cameron den Rücktritt des syrischen Präsidenten.

Washington/Genf. In diesen Tagen flieht er aus dem heißen Washington in den Sommerurlaub zur Promi-Insel Martha’s Vineyard. Und vorher hat US-Präsident Barack Obama noch eine weltpolitische Forderung rund um den Globus gejagt: Obama forderte erstmals direkt den Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad: „Um des Wohles des syrischen Volkes willen ist die Zeit für den Rücktritt von Präsident Assad gekommen“, hieß es in einer schriftlichen Erklärung Obamas. Bis jetzt hatte die US-Regierung die Gewaltanwendung der syrischen Führung gegen Zivilisten scharf verurteilt und Assad die „Legitimität“ als Führer des Landes abgesprochen.

Auch die EU hat den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zum Rücktritt aufgerufen. Assad habe in den Augen des syrischen Volkes jegliche Legitimität verloren und müsse abtreten, heißt es in einer am Donnerstag in Brüssel verbreiteten Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britische Premierminister David Cameron und der französische Präsident Nicolas Sarkozy erklärten, Assad könne nicht länger für sich in Anspruch nehmen, das Land zu führen. Sie riefen ihn auf, „im Interesse Syriens und der Einheit seines Volkes den Weg frei zu machen“.

In der EU-Erklärung wird eine Verschärfung der Sanktionen gegen Syrien angekündigt. So sollten weitere Personen auf die Liste der mit Strafmaßnahmen belegten syrischen Führungsmitglieder gesetzt werden. Daneben würden weitere Sanktionen erwogen. Merkel, Cameron und Sarkozy sprachen sich ebenfalls „für weitere durchgreifende EU-Sanktionen gegen das Regime“ Assads aus. Merkel, Cameron, Sarkozy und Ashton appellierten an Assad, die Gewalt gegen die Bevölkerung zu beenden und alle politischen Gefangenen freizulassen. Ashton erklärte, seine Reformversprechen hätten jede Glaubwürdigkeit verloren.

In Syrien sind seit den Aufständen der Bürger mindestens 1900 Menschen ums Leben gekommen. Das geht aus in Genf veröffentlichten Bericht hervor. Eine 13-köpfige Kommission hatte im Auftrag des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen einen Bericht über die Lage in Syrien verfasst. Da sie das Land nicht bereisen durfte, waren die Kommissionsmitglieder unter Leitung der stellvertretenden Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, Kyung-wha Kang weitgehend auf Berichte von Augenzeugen angewiesen.

Assad hatte ein Ende der Militäroperationen gegen sein Volk versprochen – und kurz darauf Truppen in der Stadt Homs aufmarschieren lassen. Assads Gegner haben nichts anderes erwartet. Sie kennen seine leeren Versprechen. Seit Jahren kündigt er immer wieder demokratische Reformen an. Doch die einzigen Veränderungen spielten sich im Bereich der Wirtschaft ab, wo vor allem Günstlinge der herrschenden Clique von der Privatisierung einzelner Sektoren profitierten. Deshalb wundert sich in Syrien auch niemand, als am Donnerstag Soldaten in der Stadt Homs aufmarschieren – nur wenige Stunden nachdem Assad Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon verkündet hatte, die Operationen von Polizei und Armee gegen die Opposition seien nun endgültig beendet.

Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton misstraut Assad. Sie sagt: „Wir haben schon viele Versprechen von Präsident Assad für Reformen und Gespräche gehört und nichts ist passiert. Deswegen ist das Wichtigste, dass die Gewalt wirklich aufhört.“

Dies wird jedoch nach Einschätzung der Protestbewegung erst dann geschehen, wenn dem Regime das Geld ausgeht, um den Sold der Milizionäre und Soldaten zu bezahlen. Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat die Europäer deshalb zu einem Öl-Boykott aufgefordert. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle deutete diese Woche an, zu den möglichen zusätzlichen Sanktionen der EU könnten auch Strafmaßnahmen im „Energiebereich“ zählen. (dpa/dapd/abendblatt.de)