Der Dekan der Uni Potsdam hatte ein Praktikum eines Studenten bei der NPD nicht anerkennen wollen. Zu Unrecht, entschied das Gericht.

Potsdam. Die Universität Potsdam muss das Praktikum eines Studenten in der Berliner Zentrale der rechtsextremen NPD anerkennen. Ein entsprechendes Urteil verkündete das Verwaltungsgericht Potsdam am Donnerstag. Kläger war der stellvertretende Landesvorsitzende der Brandenburger NPD, Ronny Zasowk, der Politikwissenschaften an der Potsdamer Universität studiert. Im Frühjahr 2009 absolvierte er ein dreimonatiges Pflichtpraktikum bei seiner eigenen Partei. Dies wollte der Dekan der zuständigen Fakultät nicht anerkennen. Zur Begründung führte er an, dass die während eines Politikstudiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten bei einer Partei, deren Verfassungstreue angezweifelt wird, nicht angemessen vertieft und angewandt werden könnten. Die NPD sei daher keine geeignete Praktikumsstelle.

Das Gericht hob den Bescheid auf. Für die Anerkennung von Praktika sei allein der Prüfungsausschuss zuständig, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Dieser habe den Kläger zur Diplomprüfung - die er inzwischen auch bestanden hat – zugelassen. Der Prüfungsausschuss habe nicht erkennen lassen, dass er das Praktikum nicht anerkennt. Aufgrund dieser Verfahrensfehler gab das Gericht der Klage statt. „Gesinnungsfragen über politische Inhalte, die der Kläger vertritt, interessieren an dieser Stelle nicht“, betonte der Vorsitzende Richter Winfried Hamm.

Die Universität werde die Begründung des Urteils abwarten und mögliche Rechtsmittel prüfen, sagte Sprecherin Birgit Mangelsdorf. Zudem werde sie prüfen, ob die Zulassung zur Abschlussprüfung widerrufen werden könne. Am „grundsätzlichen Rechtsempfinden“ und den Beweggründen, das Praktikum nicht anzuerkennen, habe sich durch das Urteil nichts geändert, sagte sie.

Auch der Praktikumsbeauftragte des Fachbereiches Sozialwissenschaften, Markus Lederer, verteidigte das Vorgehen der Hochschule. In seinem Praktikumsbericht habe der 25-Jährige Tätigkeiten wie das Verfassen von Flugblättern und Internetbeiträgen sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeiten dokumentiert. „Doch in solch einem Bericht müsste auch deutlich werden, dass sich ein Politikstudent nach seinem Studium an der Uni Potsdam kritisch mit einer Partei auseinandersetzt, die sich klar gegen die freiheitliche Grundordnung gestellt hat“, sagte Lederer.

Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt werden.

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Die Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wollen bei der am Dienstag beginnenden Innenministerkonferenz für ein neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD werben. Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) sagte dem Hamburger Abendblatt: „Entweder wir starten jetzt ein neues NPD-Verbotsverfahren, oder wir hören endlich auf, darüber zu reden.“ Er sei dafür, dem Bundesinnenminister einen Prüfungsauftrag auf den Weg zu geben. Der Innensenator betonte, dass er eine Mehrheit in der Innenministerkonferenz für ein neues Verfahren für möglich hält. Zahlreiche Landesminister hätten sich in der Öffentlichkeit für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen, so Neumann. „Wenn alle zu ihrem Wort stehen, dann haben wir eine deutliche Mehrheit.“

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte dem Hamburger Abendblatt: „Nach wie vor favorisiere ich ein NPD-Verbotsverfahren.“ Auch Sachsen-Anhalt hatte sich bereits vor Wochen für ein neues Verbotsverfahren ausgesprochen. Caffier machte allerdings deutlich, dass er parteiübergreifend keine Mehrheit für ein neues Verbotsverfahren sehe. Er unterstütze den Vorschlag, extremistischen Parteien wie der NPD durch eine Grundgesetzänderung die staatlichen Zuschüsse abzuschneiden. „Es ist der Bevölkerung schwer zu vermitteln, dass wir einerseits extremistischen Parteien den Nährboden entziehen wollen, andererseits aber Parteien wie die NPD von Steuergeldern profitieren“, kritisierte Caffier.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte einen schärferen Kampf gegen linksextreme Gewalttäter gefordert. „Die Aufklärungsarbeit muss erheblich verbessert werden“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die zahlreichen Brandanschläge auf Autos in Berlin und Hamburg sowie die zunehmenden Angriffe auf Polizeibeamte wertete er als „Vorstufe eines neuen Linksterrorismus“. Zur Verbesserung der Aufklärung würden in Niedersachsen verdeckte Ermittler in der linken Szene eingesetzt. „Das ist leider nicht in allen Bundesländern so. Das halte ich für fahrlässig.“