Außenminister Westerwelle und Entwicklungsminister Niebel (beide FDP) sind nach Libyen gereist, um den politischen Umbruch voranzutreiben.

Bengasi. Mit einem Blitzbesuch in der libyschen Rebellenhochburg Bengasi haben Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel den Aufständischen demonstrativ den Rücken gestärkt. Beim ersten Besuch deutscher Regierungsvertreter seit Kriegsbeginn erkannte Westerwelle den Übergangsrat auch als legitime Vertretung des libyschen Volkes an. In Bengasi kamen die Minister mit Vertretern des Übergangsrates zusammen und eröffneten ein deutsches Verbindungsbüro. Die Aufständischen verstärkten unterdessen ihre Aktivitäten um Tripolis.

„Wir sind nicht neutral, sondern wir stehen an der Seite der Demokratie und der Freiheit“, sagte Westerwelle nach einem Treffen mit dem Außenminister des Übergangsrats, Ali al-Essawi. Bisher wurde die Übergangsregierung von deutscher Seite lediglich als „ein“ legitimer Vertreter bezeichnet.

Westerwelle verteidigte erneut die deutsche Haltung, sich nicht an den Militärschlägen gegen Gaddafi zu beteiligen. „Das wird respektiert, weil wir sehr viel humanitär tun.“ Anlässlich des Besuchs verdoppelten Westerwelle und Niebel die Mittel für humanitäre Hilfe auf mehr als 15 Millionen Euro.

Der Außenminister zeigte sich sicher, dass das Ende des Gaddafi-Regimes „nur noch eine Frage der Zeit“ sei. „Er muss gehen und er wird gehen. Davon sind wir fest überzeugt“, sagte Westerwelle. Gaddafi führe einen Krieg gegen das eigene Volk. „Unser Ziel ist ein freies, friedliches und demokratisches Libyen ohne Gaddafi“, sagte Westerwelle.

Al-Essawi, sprach von „sehr großen Chancen“ für die künftige Zusammenarbeit zwischen Libyen und Deutschland. Er zeigte Verständnis für das Ausscheren aus der internationalen Militäraktion gegen Gaddafi. Es gebe andere Wege, den Libyern zu helfen, zu ihren Rechten zu kommen.

Trotz verstärkter Aktivitäten an den verschiedenen Brennpunkten des Wüstenkriegs konnten die Rebellen in den vergangenen Tagen keine Geländegewinne erzielen. Ein Vorstoß in der Küstenstadt Al-Sawija wurde von den Regimetruppen zurückgeschlagen. Auch aus dem Gebiet zwischen Jafran, 110 Kilometer südwestlich von Tripolis, und Al-Sintan wurden schwere Kämpfe gemeldet, bei denen sich die Rebellen gegen die weit besser bewaffneten Gaddafi-Verbände nicht durchzusetzen vermochten.

Von Rückschlägen und Patt-Situationen scheinen sich die Rebellen im Westen dennoch nicht abschrecken zu lassen. Eine deutsche Mitarbeiterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in Westlibyen sagte der Nachrichtenagentur dpa am Montag in einem Telefoninterview, bei einem Gefecht zwischen Rebellen und Regierungstruppen seien neun Menschen getötet und 60 verletzt worden. Die Rebellen, die ihre verletzten Kameraden in die Klinik brachten, erklärten, sie wollten trotz der hohen Verluste weiter versuchen, auf die Hauptstadt vorzustoßen. „Nächste Woche sind wir in Tripolis“, meinten sie.

Gaddafi übte unterdessen neue Winkelzüge. Das Staatsfernsehen zeigte am Sonntag Bilder von Gaddafi beim Schachspiel mit dem exzentrischen Präsidenten des Weltschachverbandes FIDE, dem Russen Kirsan Iljumschinow. Auf den Fernsehbildern vermittelte der Machthaber allerdings den Eindruck, nicht besonders mit den Regeln des königlichen Brettspiels vertraut zu sein. (dapd/abendblatt.de)