Der Wahlkämpfer Gerhard Schröder wurde stärker vom AWD-Gründer Carsten Maschmeyer unterstützt als gedacht. Aufklärung beginnt.

Berlin/Hannover. Der Sumpf scheint noch tiefer zu sein als gedacht. Zum einen sollen die Spenden des AWD-Gründer Carsten Maschmeyer an den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) höher gewesen sein als gedacht, zum anderen soll die Rolle hochrangiger Politiker in dem Skandal ungeklärt sein, so zum Beispiel die Steinmeiers.

Neben einer bereits bekannten Spende in Höhe von 650 000 Mark (rund 325 000 Euro) für den Landtagswahlkampf in Niedersachsen 1998 gab es demnach eine weitere Zuwendung für Schröders Bundestagswahlkampf im selben Jahr. Darauf deuten Vermerke hin, die der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ und dem ARD-Magazin „Panorama“ vorliegen.

Nach diesen Angaben stellte der Gründer des Finanzdienstleisters AWD über einen Mittelsmann 150 000 Mark (rund 75 000 Euro) für drei ganzseitige Anzeigen der Initiative „Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder“ zur Verfügung. Bei der Organisation der Initiative sei auch eine Mitarbeiterin der Staatskanzlei in Hannover behilflich gewesen, heißt es in den Berichten.

Leiter der Staatskanzlei in Hannover war damals der heutige Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier. Er soll in diesem Zusammenhang verschiedene Vermerke abgezeichnet haben. Steinmeier teilte „Panorama“ schriftlich mit: „Ob überhaupt, von wem und an welchen Empfänger Geld überwiesen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.“ Etwaige politische Aktivitäten seien „außerhalb der dienstlichen Verantwortung dieser Mitarbeiter erfolgt“. Maschmeyer teilte mit, er könne sich nicht an einen solchen Vorgang erinnern.

Die CDU Niedersachsen forderte die SPD zur rückhaltlosen Aufklärung auf. Die Rolle des heutigen Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion und damaligen Chefs der Staatskanzlei und Schröder-Vertrauten Steinmeier müsse ohne Rücksicht auf Stellung und Ansehen der Person offengelegt werden.

„Sollten die Vorwürfe in den Medien zutreffen, wäre das ein handfester Skandal, auf dem letztlich der Wahlsieg und die damalige rot-grüne Bundesregierung aufbauten“, sagte der niedersächsische CDU-Generalsekretär Ulf Thiele. „Mitarbeiter der Staatskanzlei für Parteizwecke einzusetzen und sie im Wahlkampf für die Partei arbeiten zu lassen, ist ein glasklarer Verstoß gegen das Parteiengesetz und gegen die Verfassung.“ Die Bundestagsverwaltung sollte diesen Vorgang zügig prüfen, und die niedersächsische SPD müsse dazu aktiv einen Beitrag leisten, forderte der CDU-Generalsekretär.

Die heute CDU-geführte Staatskanzlei in Hannover nimmt Schilderungen über eventuelle Wahlkampfhilfen nach eigenen Angaben sehr ernst. „Deshalb haben wir bereits einige behördeninterne Gespräche geführt“, sagte Staatskanzlei-Chefin Christine Hawighorst. „Wir setzen alles daran, die Vorkommnisse von 1998 rückhaltlos aufzuklären. Dazu ermitteln wir derzeit den Sachverhalt, sichten Akten und führen Gespräche.“ Zum aktuellen Zeitpunkt sei es allerdings zu früh, Einzelheiten in der Öffentlichkeit darzulegen. „Wir können uns nicht zu einem laufenden Verfahren äußern.“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte ebenfalls eine schnelle Aufklärung: „Die Niedersachsen Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier müssen erklären, was sie über die offenbar laxe Finanzierungspraxis des Wahlkämpfers Gerhard Schröder wissen.“ (dpa)