Im libyschen Fernsehen wettert Gaddafi mit kruden Theorien über eine Verschwörung von Terroristen des Netzwerks al-Qaida.

Straßburg. Der Diktator droht. Sein Volk werde zu den Waffen greifen, sollte der Westen eine Flugverbotszone über sein Land verhängen. Es sind die grastigen Rufe der angeschlagenen libyschenHerrschers Staatschefs Muammar al-Gaddafi. Es ist seine Art, auf den politischen Druck aus Europa und den USA zu reagieren. Im EU-Parlament in Straßburg drängen die wichtigsten Fraktionen auf die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen. Dagegen betonte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bei der Debatte die Notwendigkeit humanitärer Hilfe. Dafür werde sie auch eine Militärmission im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik prüfen. „Die EU bleibt an vorderster Front der internationalen Bemühungen engagiert, um in Libyen Frieden und Stabilität wiederherzustellen“, sagte Ashton. Nach dem Ende der Gewalt werde die EU beim Aufbau eines neuen Libyens mit demokratisch gewählten Führern helfen.

Eine rasche Entscheidung über ein Flugverbot verlangten vor allem Sozialdemokraten, Liberale und Grüne im EU-Parlament. „Gaddafi ist ein Mörder und ein Verbrecher, der vor ein internationales Strafgericht gehört“, sagte der SPD-Abgeordnete Martin Schulz im Namen der Sozialdemokraten. Eine Flugsverbotszone sollte gemeinsam mit den UN und der Arabischen Liga beschlossen werden. „Wir müssen schnellstmöglich eine Flugverbotszone bekommen, damit die Oppositionsstädte nicht mehr bombardiert werden“, sagte der Belgier Guy Verhofstadt im Namen der Liberalen.

Muammar al-Gaddafi hat die Rebellen des Verrats und westliche Staaten der Verschwörung bezichtigt. In einer Rede vor Anhängern, die das Staatsfernsehen ausstrahlte, beschimpfte Gaddafi die Übergangsregierung der Aufständischen als Bande von „Verrätern“. Die USA, Frankreich und Großbritannien hätten sich gegen Libyen verschworen, um die Öl-Felder unter ihre Kontrolle zu bringen, behauptete der libysche Machthaber. Außerdem wiederholte Gaddafi seine kruden Theorien über eine Verschwörung von Al-Kaida-Terroristen, die libyschen Jugendlichen Drogen verabreichten. Er sagte: „Was da geschieht, ist ein Wahnsinn. Sie rekrutieren unsere Kinder, die unreif und schwach sind.“ Unterdessen zeigen sich erste Meinungsverschiedenheiten unter den Anführern der Rebellen. Der Vorsitzende des Nationalrats in Bengasi, Mustafa Abdul Dschalil, sagte dem Nachrichtensender Al-Arabija, falls Gaddafi ins Exil gehe, könne von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen werden.

Der frühere Innenminister Abdulfattah Junis, erklärte dagegen, Gaddafi müsse unbedingt der Prozess gemacht werden. Junis forderte die internationale Gemeinschaft erneut auf, den Luftraum über Libyen zu einer Flugverbotszone zu erklären und dies auch mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Eine Militärintervention lehnte er jedoch ab. „Wir fordern keinen einzigen Soldaten und auch keine Panzer“, sagte er. In seiner Fernsehansprache wandte sich Gaddafi auch an die Großfamilien der umkämpften Stadt Al-Sintan.

Soldaten von Gaddafi haben nach Informationen des Roten Halbmonds Gastarbeiter an der Flucht nach Tunesien gehindert und viele zurück an ihre Arbeitsplätze in der Hauptstadt Tripolis gezwungen. Rund 30.00 Gastarbeiter seien in der vergangenen Woche zusammengetrieben und in Unterkünfte nahe der Grenze gebracht worden, sagte Ibrahim Osman von der Internationalen Vereinigung von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond. Nach einer Pro-Gaddafi-Demonstration am Grenzübergang Ras Ajdir hätten Gaddafis Soldaten 30.000 aus Bangladesch, Ägypten und Sub-Sahara-Afrika stammende Arbeiter zurück nach Libyen gedrängt und es scheine, als seien sie gezwungen worden zu ihren Arbeitsstellen zurückzukehren, sagte Osman. In Libyen nehme außerdem die bewaffnete Gewalt gegen aus dem südlichen Afrika stammende Menschen zu, warnte ebenfalls am Dienstag das UN-Flüchtlingshilfswerk. (reuters, APD, KNA)