Vor dem “Benzin-Gipfel“ stellt Umweltminister Norbert Röttgen klar: Er will an dem umstrittenem Biosprit festhalten. Dagegen fordern FDP-Politiker den vorläufigen Stopp für E10.

Berlin. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hält trotz Käuferstreiks und Forderungen nach einem Aus für den Biosprit E10 an dem ungeliebten Kraftstoff fest. Röttgens Sprecherin sagte am Montag vor dem Benzin-Gipfel, dass das Vertrauen der Verbraucher in die Einführung von E10 auf dem Spitzentreffen gestärkt werden soll. Es sei verfrüht, jetzt schon von Rücknahme oder Scheitern zu sprechen. Betont wurde, dass ein Verkaufsstopp nicht infrage komme. Die FDP fordert unterdessen, die weitere Einführung des Ladenhüters E10 zu stoppen.

Millionen Autofahrer weigern sich aus Angst um ihre Motoren, den neuen Kraftstoff zu tanken. Die Erwartungen an den "Benzin-Gipfel“ sind daher groß. Patrick Döring, FDP-Fraktionsvize, sagte: "Wir werden der Verunsicherung bei den Verbrauchern sicher nicht dadurch beikommen, indem wir einfach das Kommando "weiter so“ ausgeben.“ Döring forderte einen Stopp von E10. Ebenfalls für ein Aussetzen des Verkaufs des Biosprits machte sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner in der "Rheinischen Post“ stark.

Dem Vernehmen nach ist von dem Spitzentreffen aber wohl nur ein Appell für eine bessere Information der Verbraucher zu erwarten. Röttgen wird am Dienstag aus einem Skiurlaub zurückerwartet. Er wird neben Wirtschaftsminister Rainer Brüderle(FDP), Verbraucherministerin Ilse Aigner und VerkehrsministerPeter Ramsauer (beide CSU) die Regierung bei dem Spitzentreffen mit Auto- und Benzinbranche vertreten.

VERTRÄGT MEIN AUTO DEN BIOSPRIT?

Motorschäden durch den Biosprit E10 werden nach Einschätzung des ADAC an den Fahrzeughaltern hängen bleiben. "Den Schaden trägt der Autofahrer“, sagte Maximilian Maurer vom ADAC dem Berliner „Tagesspiegel“ (Dienstag). Zwar könne man den Hersteller in die Haftung nehmen, wenn das Modell auf der Unbedenklichkeitsliste der Deutschen Automobil Treuhand steht. Aber der Geschädigte müsse nachweisen, dass der Schaden wirklich durch E10 angerichtet worden ist. „Man muss lückenlos nachweisen, dass man immer richtig getankt hat.“

Ein möglicher Ausweg – ein Brief aus Flensburg an jeden Autofahrer mit Angaben zur E10-Verträglichkeit des eigenen Fahrzeugs – scheint versperrt. Zur Auswirkung des Biosprits auf Automotoren könne seine Behörde keine Angaben machen, sagte der Präsident des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), Ekhard Zink, dem „Flensburger Tageblatt“ (Dienstag). „Das neue Biobenzin gilt nicht als Prüfkraftstoff.“ Die EU schreibe die Inhalte für die sogenannten Typgenehmigungsverfahren des KBA vor. Da E10 bisher aber bei allen Benzin-Fahrzeugtypen auf dieser Liste fehlt, habe das Kraftfahrt-Bundeamt auch keine Kenntnisse über die Verträglichkeit des Kraftstoffs.

Röttgens Sprecherin betonte, Tempo und Ausmaß der Einführung von E10 seien Sache der Mineralölwirtschaft. Zudem würden die Autofahrer seit Jahren auch Benzin mit fünf Prozent Ethanol tanken, daher sei die Verunsicherung nur bedingt nachvollziehbar. Derzeit gibt es bei Super Plus Benzin mit fünf Prozent Ethanol Engpässe, weil die verunsicherten Verbraucher statt E10 diesen etwa acht Cent teureren Sprit tanken. Die Branche hatte mit einem E10-Anteil am Super Benzin von 90 Prozent gerechnet. An den rund 7000 Tankstellen, wo es den Sprit bisher gibt, liegt er aber meist unter 50 Prozent.

Die FDP warf Röttgen vor, nichts aus Fehlern aus dem Jahr 2008 gelernt zu haben zu haben, als der erste Anlauf zur Einführung des Biosprits gescheitert war. Fraktionsvize Döring sagte, die Politik habe zu wenig auf eine gemeinsame Kommunikationsstrategie gedrungen. „Ein Flyer alleine reicht da nicht.“

Röttgen habe die Sache einfach laufen lassen. Es sei bezeichnend, dass Wirtschaftsminister Brüderle den Benzingipfel einberufen habe, „während der eigentlich zuständige Umweltminister einfach nur Durchhalteparolen“ ausgebe, sagte Döring. Er habe zudem wenig Verständnis dafür, dass einige Autohersteller nur sehr zögerlich rechtsverbindliche Sicherheit über die E10-Tauglichkeit ihrer Fahrzeuge geben. Der Chef des Mineralölwirtschaftsverbands, Klaus Picard, forderte den Verzicht auf Strafzahlungen, sollte der geforderte Bio-Anteil in Benzin und Diesel nicht erreicht werden. „Niemand darf dafür bestraft werden, dass Autos kein E10 vertragen und deshalb die Bio-Quote einfach nicht erfüllt werden kann“, sagte er der "Bild“-Zeitung. Nach Angaben des Branchenverbandes VDA vertragen 93 Prozent der Autos in Deutschland den E10-Sprit, bei den Autos deutscher Hersteller sind es 99 Prozent.

Warum wird E10 angeboten?

Mit E10 setzt die Bundesregierung eine EU-Vorgabe um. Diese sieht vor, dass fortan 6,25 Prozent (nach Energiegehalt) des verkauften Kraftstoffs Biosprit sein müssen. Das soll den Kohlendioxid-Ausstoß senken. Um die Quote zu erreichen, haben Raffinerien den Anteil von Bioethanol im Superbenzin von fünf auf zehn Prozent (des Volumens) verdoppelt.

Gibt es andere Möglichkeiten, die Quote einzuhalten?

Das Gesetz erlaubt es, die Quote auch durch den Verkauf von reinem Biokraftstoff zu erfüllen, wie ihn landwirtschaftliche Fahrzeuge tanken. Es sei gängige Praxis, dass die Mineralölwirtschaft den Biodiesel in großen Mengen auf die Quote anrechnen ließe, erklärt der Verband der Deutschen Biokraftstoff-Industrie. Der Mineralölwirtschaftsverband hingegen zweifelt daran, dass sich genügend reiner Biosprit absetzen lässt, um die Quote zu erfüllen.

Welche Risiken gehen von E10 aus?


90 Prozent der Autos mit Benzinmotor können "ohne Einschränkungen" E10 tanken. Über vier Millionen der in Deutschland zugelassenen Autos vertragen den Sprit jedoch nicht. Laut ADAC kann E10 aggressiv mit Metall- und Kunststoffteilen reagieren.

Welche Alternativen zu E10 gibt es?

Es gibt weiterhin Superbenzin mit fünf Prozent Bioethanol. Allerdings bieten die Tankstellen dieses in der Regel nur in Form von teurerem Super Plus an.

Wie viel kostet der neue Sprit?

Die Tankstellen verkaufen den E10-Kraftstoff in der Regeln zum Preis des herkömmlichen Superbenzins. Da der Sprit mit fünf Prozent Ethanol dann nur noch als Super Plus erhältlich ist, ist dieser bedeutend teurer als E10. Laut ADAC beträgt die Differenz zwischen den beiden Sorten im Schnitt acht Cent pro Liter. In Hamburg noch nicht.

Ist der Spritverbrauch bei E10 höher?

Der Verbrauch steigt Berechnungen zufolge im Vergleich zum alten Superbenzin um knapp zwei Prozent. Grund ist der geringere Energiegehalt von Alkohol im Vergleich zu Benzin.

Wo kann ich mich informieren?


Informationen zur Verträglichkeit von Autos gibt es bei Händlern und Herstellern sowie bei der Deutschen Automobil Treuhand.(AFP/dapd/abendblatt.de)