98,83 Prozent stimmten für die Abspaltung vom Norden. Sudans Präsident Baschir erkennt Ergebnis an. Westerwelle: „Eine historische Nachricht“.

Khartum/Nairobi. Das amtliche Endergebnis des Referendums zur Unabhängigkeit des Südsudans steht fest: Der Süden hat mit überwältigender Mehrheit die Abspaltung vom Norden des Sudan gewählt. Nach dem am Montag in Khartum vorgestellten offiziellen Endergebnis stimmten 98,83 Prozent der knapp vier Millionen Wähler in der historischen Volksabstimmung im Januar für einen eigenen Staat. Nur knapp 45.000 Wähler hatten für den Verbleib mit dem Norden gestimmt.

Noch vor Verkündung des amtlichen Endergebnisses hatte Sudans Präsident Omar el Baschir mit einer Geste des Ausgleichs die Unabhängigkeit des Südens anerkannt. „Wir werden heute vor der ganzen Welt verkünden, dass wir die Ergebnisse akzeptieren und die Entscheidungen der Südsudanesen respektieren“, sagte Baschir am Montag in Khartum. Im staatlichen Fernsehe versicherte Baschir zudem, dass der Norden Zusammenarbeit und gute Beziehungen zu dem neuen Staat in Ostafrika anstrebe. Auf einer Zeremonie in Khartum wurden am Abend dann die vorläufigen Ergebnisse der Volksabstimmung Anfang Januar offiziell bestätigt.

Als Datum für die Unabhängigkeit des Südens ist der 9. Juli vorgesehen. Dann soll der 193. Staat der Welt offiziell gegründet werden. Die Abstimmung war der Schlusspunkt eines im Jahr 2005 von der Zentralregierung in Khartum und südsudanesischen Rebellen unterzeichneten Friedensabkommens, das den mehr als zwanzigjährigen Bürgerkrieg zwischen dem christlich dominierten Süden und dem muslimisch geprägten Norden endgültig beenden soll.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nannte Baschirs Äußerungen eine „historische Nachricht“. Es sei „allein schon geschichtsträchtig“, dass das Referendum stattgefunden habe, sagte Westerwelle in Berlin. Dass das Ergebnis der Unabhängigkeitsabstimmung nun auch geachtet werde, sei „von großer historischer Bedeutung“.

Gleichzeitig forderte Westerwelle eine friedliche Umsetzung des Abstimmungsergebnisses. „Das überwältigende Votum für die Unabhängigkeit zeigt, mit welcher Entschlossenheit die Menschen in Südsudan ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen wollen“, erklärte Westerwelle am Montagabend in Berlin. Nun gehe es darum, „für die Menschen in beiden Teilen des Sudan Entwicklungschancen zu eröffnen“.

Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat den Ausgang des Sudan-Referendums als „historischen Moment“ bezeichnet und dem Land Unterstützung aus Europa zugesichert. Trotz vieler Hindernisse sei es gelungen, eine rasche und glaubwürdige Abstimmung zu organisieren, erklärte sie am Montagabend in Brüssel. Die EU freue sich darauf, eine enge und langfristige Partnerschaft mit dem künftigen Staat Südsudan aufzubauen

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte den Ausgang des Sudan-Referendums und sagte dem Land die Hilfe der Vereinten Nationen zu. Es sei ein großer Erfolg für den ganzen Sudan, dass die Volksabstimmung um eine Teilung des größten Landes Afrikas friedlich verlaufen sei, erklärte der UN-Chef am Montag in New York. Im selben Geiste der Kooperation müssten der Norden und der Süden jetzt weiterarbeiten und die verbleibenden Probleme lösen.

Die USA wollen den Südsudan als unabhängigen Staat anerkennen. Washington habe die Ansicht, den neuen Staat nach der geplanten Unabhängigkeit im Juli offiziell anerkennen, sagte Präsident Brack Obama. „Ich gratuliere dem Volk im Südsudan für ihr erfolgreiches und inspirierendes Referendum.“ Die USA wollen mit dem Süden und dem Norden des Landes zusammenarbeiten, um einen friedlichen Übergang zu garantieren.

Außenministerin Hillary Clinton kündigte an, Washington wolle den Sudan von der schwarzen Liste der Länder streichen, die Terrorismus unterstützen. Washington beginne mit dem entsprechenden Verfahren. Um endgültig gestrichen zu werden, müsse Khartum über einen Zeitraum von sechs Monaten beweisen, dass es keine Terroristen unterstützte sowie künftige Unterstützung ablehne. Auf der US-Liste stehen Syrien, Iran und Kuba.

Wahlbeobachter hatten den friedlichen Wahlverlauf gelobt. Zu den prominentesten Wahlbeobachtern gehörten Hollywoodstar George Clooney, der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter und der frühere Uno-Generalsekretär Kofi Annan. Nachdem bereits die Ergebnisse der Wähler im Nordsudan und aus dem Ausland ein klares Votum für einen eigenen Staat gezeigt hatten, bestätigen auch die Ergebnisse aus den zehn Bundesstaaten des Südens den Willen der Südsudanesen, sich nach Jahrzehnten der Benachteiligung und einem 21 Jahre langen Bürgerkrieg vom Norden loszusagen.

Die Volksabstimmung gehörte zu den wichtigsten Punkten des Friedensabkommens von 2005. Die Regierung in Khartum hat bereits versichert, das Ergebnis des Referendums anzuerkennen. Bei einer Teilung des bisher größten Staates Afrikas verliert der Norden ein Drittel seines Territoriums und etwa zwei Drittel seines Ölreichtums. Rund 80 Prozent des genauen Grenzverlaufs sind noch strittig. Auch über die Zukunft der ölreichen Region Abyei, die immer wieder schwere ethnische Konflikte erlebte, soll in einer eigenen Volksabstimmung dort entschieden werden. Auch bei einer Teilung des Sudans werden beide Staaten vor allem wirtschaftlich aufeinander angewiesen sein. So hat der Südsudan zwar den Großteil des Ölreichtums, aber keinerlei Infrastruktur. (afp/dpa)