Dazu braucht man keinen Amtsarzt, heißt es in einem Urteil. Jeder Mediziner kann außergewöhnliche Belastungen und Kosten attestieren.

München. Krankheitskosten können künftig leichter als außergewöhnliche Belastung von der Steuer abgesetzt werden. Dies geht aus zwei am Mittwoch veröffentlichten Urteilen des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 11. November hervor. Danach müssen Steuerpflichtige eine Krankheit nicht mehr zwingend vor Beginn einer Behandlung mit einem amts- oder vertrauensärztlichen Gutachten belegen. Der Nachweis könne auch noch später geführt werden, entschied der BFH, der damit seine bisherige Rechtsprechung geändert hat (AZ: VI R 17/09 und VI R 16/09).

Im ersten Fall wollten die Kläger die Aufwendungen zur Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche bei ihrem Sohn als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Das Kind besuchte auf ärztliches Anraten hin ein Internat mit einem Legastheniezentrum. Auf die Übernahme der Schulkosten durch den Landkreis hatten die Eltern verzichtet. Dafür wollten sie sich die Kosten auf die Einkommensteuer anrechnen lassen. Das Finanzamt lehnte dies ab, da nicht vor der Behandlung ein amtsärztliches Gutachten eingeholt worden sei.

Ähnlich argumentierte die Behörde auch im zweiten Fall. Hier wollten die Kläger für ihr asthmakrankes Kind neue Möbel kaufen. Die alten Möbel würden regelmäßig bei dem Kind Asthmaanfälle auslösen, so die Eltern. Das Finanzamt lehnte die Absetzbarkeit der geltend gemachten Krankheitskosten ab. Die Gesundheitsgefährdung der Möbel sei nicht durch ein amtsärztliches Gutachten belegt worden.

Der BFH stellte jedoch fest, dass die gesetzlichen Regelungen ein formalisiertes Nachweisverlangen nicht vorschreiben. Es widerspreche auch dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Es sei nicht ersichtlich, warum nur ein Amtsarzt oder der Medizinische Dienst der Krankenkassen entsprechende Gutachten anfertigen könnten. Auch andere Mediziner könnten vorgenommene Behandlungen und gesundheitsfördernde Maßnahmen begutachten.