Er ist ein schillernder Typ: Ex-Hippie Jerry Brown war bereits Gouverneuer von Kalifornien, als Bodybuilder Schwarzenegger noch von Muskeln träumte.

Hamburg/Sacramento. Nach dem entzauberten Superhelden Arnold Schwarzenegger folgt in Jerry Brown ein sanftmütiger Exzentriker auf den Posten des kalifornischen Gouverneurs. Mit ihrer Entscheidung für den Demokraten hatten die Wähler Anfang November erneut ihre Vorliebe für unkonventionelle Kandidaten unter Beweis gestellt. Wie Schwarzenegger schillert auch Browns Biografie in bunten Farben. Er bringt das Kunststück fertig, zugleich der jüngste und der älteste Gouverneur in der Geschichte Kaliforniens zu sein. Im Jahr 1974 wurde der Demokrat Brown mit nur 36 Jahren erstmals in dieses Amt gewählt. Nun wird er mit 72 Jahren erneut Gouverneur – ein neuer Altersrekord.

Mit der Amtsübergabe an diesem Montag erbt der Politiksenior Brown von Schwarzenegger einen Bundesstaat am Rande des Bankrotts . Im Haushalt fehlen knapp 20 Milliarden Dollar. Die Arbeitslosigkeit liegt mit 12,4 Prozent weit über dem US-Durchschnitt. Zuletzt konnte Kalifornien, das gemessen an seiner Wirtschaftsleistung die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt ist, seine Rechnungen zeitweise nur mit der Ausgabe von Schuldscheinen begleichen. Der Streit von Demokraten und Republikanern im Landesparlament lähmt die Politik. Der scheidende Gouverneur Schwarzenegger, der sein Amt mit dem kraftmeierischen Gestus des Actionfilm-Helden angetreten hatte, hat sich zuletzt im Parteienstreit verheddert, seine Umfragewerte sind im Keller. Dem „Gouvernator“ folgt nun ein Politiker, dem seit seiner ersten Amtszeit zur Hoch-Zeit der Hippie- und New-Age-Bewegung in Kalifornien der Spitzname „Gouverneur Mondschein“ anhängt. „Mich treibt immer noch der missionarische Eifer, die Welt zu verbessern“, rief Brown in der Wahlnacht. „Hier geht es um Visionen.“

Wenn Politikexperten in Kalifornien den neuen Gouverneur beschreiben, fallen oft Worte wie „exzentrisch“ oder „unorthodox“. Jerry Brown ist ein eingefleischter Öko-Freund. Er beschäftigte sich mit asiatischer Philosophie und interessiert sich für Außerirdisches. In seiner ersten Amtszeit als Gouverneur spielte er mit der Idee eines eigenen kalifornischen Raumfahrtprogramms. Damals ließ er Gouverneursvilla und Dienstwagen links liegen, mietete sich in eine Zwei-Zimmer-Wohnung ein und fuhr im Kleinwagen zum Regieren ins Büro. Aufsehen erregten seine Frauengeschichten, unter anderem eine Affäre mit der Sängerin Linda Ronstadt.

Browns persönliche Sparsamkeit ist zugleich politisches Programm. Die Budgetnotlage Kaliforniens erzwingt drastische Sparmaßnahmen. Dabei wird sich Brown auch mit den mächtigen Beamtengewerkschaften anlegen müssen, die seinen Wahlkampf gegen die republikanische Unternehmerin Meg Whitman unterstützt haben. Brown hatte während der Kampagne sein fortgeschrittenes Alter zur Tugend erklärt und versprochen, keine halbherzigen Kompromisse zu schließen, weil er ohnehin keine Ambitionen auf weitere politische Ämter habe.

Aus den Beteuerungen des Karriereverzichts spricht freilich auch die Erfahrung eines politisch Gedemütigten. Nach seinem Frühstart als junger Gouverneur hatte sich Brown, dessen Vater selbst einmal Gouverneur in Kalifornien war, dreimal vergeblich um die Präsidentschaftskandidatur seiner Demokraten bemüht. Bei seiner Kandidatur für den US-Senat im Jahr 1982 verlor er. Sein politisches Comeback feierte er erst im Jahr 1999 mit seiner Wahl zum Bürgermeister der Stadt Oakland. Seit dem Jahr 2006 war er Generalstaatsanwalt von Kalifornien. Ein Jahr davor hatte der langjährige Junggeselle die Modemanagerin Anne Gust geheiratet. (AFP)