Präsident Hugo Chávez kann Venezuela in den nächsten 18 Monaten mit einer Vollmacht weitgehend ohne Zustimmung des Parlaments regieren.

Buenos Aires. Die venezolanische Nationalversammlung hat Präsident Hugo Chávez am Freitag mit einer Sondervollmacht ausgestattet. Damit kann der Sozialist 18 Monate weitgehend ohne Zustimmung des Parlaments und mit Dekreten regieren, wie die Tageszeitung „El Universal“ berichtet. Hugo Chávez hatte seinen Antrag auf die Sondervollmacht mit den Folgen der Überschwemmungen der vergangenen Wochen begründet. Die Opposition kritisierte, die Vollmacht diene lediglich Chávez zum Machterhalt.

Bei den sintflutartigen Regenfällen sind nach offizielle Angaben in den vergangenen Wochen mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen, rund 130.000 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Über 250 Straßen sind beschädigt, 36 Brücken nicht oder nur noch eingeschränkt passierbar und gut 50 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche sind zerstört worden. Niemals zuvor sei es so dringend gewesen, den Marsch in Richtung Sozialismus zu beschleunigen, sagte Chávez.

Die Sondervollmacht bezieht sich in erster Linie auf den Notstände in der Wohnungsversorgung, der Landwirtschaft, Ernährungsversorgung, Infrastruktur und der Wirtschaft. Sie erlaubt dem Präsidenten aber auch Änderungen in den Bereichen Telekommunikation, Militär und innere Sicherheit. Zudem kann er die Steuern neu festsetzen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer hat Chávez schon angekündigt. Die zusätzlichen Einnahmen sollen in einen Fonds für den Wohnungsbau gehen.

Für die Opposition ist die Sondervollmacht ein „großen Weihnachtspaket“, dass das alte Parlament dem Präsidenten noch schnell überreicht. Für sie ist das Hochwasser ist nur eine Ausrede, mit der Chávez auch für die Zeit nach dem 4. Januar seine Macht festschreiben will, wenn das im vergangenen September neugewählte Parlament zusammentritt. Die Regierungspartei verfügt zwar weiterhin über die Mehrheit, aber sie hat Zweidrittelmehrheit verloren. Wegen ihres Boykotts der Wahl im Jahr 2005 ist keine Oppositionspartei im gegenwärtigen Parlament vertreten.

Kritische Worte kamen auch aus den USA. Chávez untergrabe den Willen der venezolanischen Bevölkerung, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley. Anscheinend erfinde Chávez auf immer neue und kreative Art und Weise die Rechtfertigungen für seine autokratischen Machtstrukturen, so Crowley.

Mit dem Gesetz von Freitag kann der Sozialist bereits zum vierten Mal mit einer Sondervollmacht regieren. 1999 hatte er sechs Monate lang freie Hand für den Wirtschaftsbereich. 2000 befugte ihn das Parlament zu Umwandlungen bei sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten sowie bei der öffentlichen Sicherheit, der Organisation des Staates und der Infrastruktur. Zuletzt erteilte die Nationalversammlung im Januar 2007 Hugo Chávez Sondervollmachten für 18 Monate.