Niemand will zwei Jahre auf eine Erstattung vom Finanzamt warten, kritisiert die Steuergewerkschaft. Sind nur die Unternehmen Nutznießer der Reform?

Berlin. Die Rede ist von Vereinfachung, Erleichterung und Transparenz. Am Ende soll jeder Bürger, soll jedes Unternehmen mehr Geld übrig haben und die Steuererklärung endlich durchschaubar sein. Doch die Pläne der Bundesregierung entpuppen sich nach Auskunft von Experten als Mogelpackung. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, hat die von der schwarz-gelben Koalition geplanten Steuervereinfachungen als unzureichend kritisiert. Mit Blick auf die geplante Erhöhung der Werbungskostenpauschale von 920 auf 1000 Euro sagte Ondracek am Donnerstag in der ARF, dies sei keine Erleichterung für den Bürger. Man müsse weiter Belege sammeln, weil man gar nicht wissen könne, ob man am Ende des Jahres „950 oder 1050 Euro“ Werbungskosten haben werde.

Eine Vereinfachung bedeute die Regelung zudem nur für denjenigen, der mit seinen Werbungskosten genau zwischen 920 und 1000 Euro lande: „Das sind relativ wenig Bürger.“ Das Vorhaben, dass die Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre abgegeben werden müsse, wenn sich zum Vorjahr nichts verändert habe, nannte Ondracek „schlicht ein Witz“. Die meisten Arbeitnehmer bekämen Geld zurück. „Die warten nicht zwei Jahre, die wollen das Geld sofort haben“.

Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und FDP wollte sich am Donnerstagabend mit dem Thema Steuererleichterungen befassen. Dabei sollen nach Worten von FDP-Generalsekretär Christian Lindner deutliche Schritte zur Steuervereinfachung beschlossen werden . Im Deutschlandfunk sagte er, insgesamt gehe es für die Bürger um ein Volumen von 590 Millionen Euro. Dies seien jedoch nur erste Schritte zur Entlastung der Bürger, es müssten noch „einige Meilensteine“ folgen.

Union und FDP wollen Bürger und Unternehmen durch eine Vereinfachung des Steuerrechts insgesamt um mehr als viereinhalb Milliarden Euro entlasten. Das geht aus einer Beschlussempfehlung für das Treffen der Koalitionsspitzen hervor, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt. Hauptnutznießer sind danach die Firmen, deren Bürokratiekosten durch den Verzicht der Finanzämter auf eine Vielzahl von Detailregelungen und schriftlichen Belegen um vier Milliarden Euro sinken sollen.

Insgesamt umfasse der Katalog der Steuervereinfachungen 41 Punkte. Ein zentraler Gedanke sei, die Zahl der Papierbelege spürbar zu reduzieren. So entfällt etwa die bekannte Lohnsteuerkarte. Mit dem Paket würden zielgenau gerade jene Steuerzahler von unnötiger Bürokratie befreit, die ihre Steuererklärung noch selbst ausfüllen, sagte Unions-Finanzexperte Leo Dautzenberg (CDU) der Zeitung.