Nordkorea hat angeblich Hunderte Uran-Zentrifugen. Der Westen befürchtet ein noch größeres Atombomben-Potenzial und probt eine Militäraktion.

Seoul/Washington. Nordkorea hat nach eigenen Angaben „Hunderte Zentrifugen“ zur Uran-Anreicherung im Einsatz. Das Programm diene aber allein friedlichen Zwecken, vermeldete die amtliche Nachrichtenagentur KCNA, die das Sprachrohr der kommunistischen Führung ist. Nordkorea baue an einem Leichtwasserreaktor, um den Energiebedarf im Land zu decken. „Dafür betreiben wir ein modernes Anreicherungssystem mit mehreren Tausend Zentrifugen.“ Der Weltsicherheitsrat prüft deshalb neue Sanktionen gegen den kommunistischen Staat. Das erklärte die amerikanische Uno-Botschafterin Susan Rice.

Die Existenz der neuen nordkoreanischen Anlage zur Urananreicherung war erst kürzlich bekannt geworden. US-Verteidigungsminister Robert Gates zeigte sich daraufhin besorgt, weil Pjöngjang damit das „Potenzial“ habe, weitere Atomwaffen herzustellen. Nordkorea hatte erstmals im Oktober 2006 und dann im Mai 2009 Atomwaffen getestet. Kurz vor dem zweiten Test war Nordkorea aus den sogenannten Sechser-Gesprächen mit Südkorea, China, den USA, Russland und Japan ausgestiegen. In den vergangenen Monaten signalisierte Pjöngjang wiederholt seine Bereitschaft, unter bestimmten Bedingungen an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Allerdings ist das Verhältnis zwischen Nord- und Südkorea derzeit enorm angespannt, weil die nordkoreanische Armee die Insel Yonpyong angegriffen hat. Derzeit findet ein groß angelegte Seemanöver mit amerikanischen und südkoreanischen Streitkräften statt.

Unterdessen enthüllen die von Wikileaks veröffentlichten Depeschen amerikanischer Diplomaten nach einem Bericht der „New York Times“, wie wenig die USA wohl über Vorgänge innerhalb Nordkoreas wissen. So hätten sich südkoreanische und US-Diplomaten über konkrete Strategien nach einem Zusammenbruch des Regimes beraten, meldete die Zeitung. Die jüngsten militärischen Störmanöver Pjöngjangs hätten sie aber allem Anschein nach nicht vorausgesehen. Die Botschaftsmeldungen über Nordkorea – manche von ihnen aus Südkorea, manche aus Peking – „sind voller fundierter Vermutungen, aber arm an Fakten“, schreibt die Zeitung. Dies mache anschaulich, weshalb man Nordkorea „das Schwarze Loch Asiens nennt“.

Eine der Depeschen schildere, wie ein hoher Diplomat des Südens Ende Februar US-Botschafterin Kathleen Stephens gegenüber die Erwartung äußert, das Regime könnte „zwei bis drei Jahre“ nach dem Tode von Machthaber Kim Jong-il kollabieren. Um Pekings Widerstand gegen eine Kontrolle Seouls über die gesamte koreanische Halbinsel zu brechen, plane man bereits, chinesische Firmen auf die vielfältigen Geschäftsmöglichkeiten in Norden hinzuweisen, heißt es dort.

Einen Monat nach dem Gespräch versenkt dann ein – mutmaßlich nordkoreanischer – Torpedo ein südkoreanisches Kriegsschiff und stürzt die Region in eine neue Krise. Erst vorige Woche geht dann ein Hagel nordkoreanischer Granaten auf den Nachbarn im Süden nieder. „Nichts von all dem steht in den Dutzenden von Korrespondenzen des Außenministeriums, die im Besitz von WikiLeaks sind“, so das Blatt.

Stattdessen enthielten die Depeschen „lockere Gespräche und zuversichtliche Voraussagen über das Ende der Familiendynastie, die Nordkorea seit 65 Jahren regiert“, schreibt die Zeitung. Diese Debatten seien befeuert worden von einer ganzen Reihe Überläufer aus dem diplomatischen Dienst Nordkoreas, deren Existenz bislang unbekannt gewesen sei, berichtet die „New York Times“.