Die alten Griechen schrieben Tragödien und Komödien - das Drama um das Land erreicht einen neuen Höhepunkt. Eine Geschichte in fünf Akten.

Athen. Die alten Griechen gelten als Schöpfer von Tragödie und Komödie. Die ernstere Form des Dramas wird auch heute von den Hellenen gepflegt, doch das „theatron“ ist im Moment das ganze Land. Akt 1: Vor wenigen Tagen wurde festgestellt, dass das Staatsdefizit größer ist, als bislang vermutet wurde und die Bürger deswegen den Gürtel enger schnallen müssen. Akt 2: Eine Briefbombenserie – bisher wurden 14 Stück entdeckt- sorgte für allgemeine Verunsicherung und schlechte Stimmung im Land.

Die Bombenserie erreichte sogar das Ausland. Linksextremistische Terroristen schickten Briefbomben an die Bundeskanzlerin Angela Merkel, den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi. Alle Bomben wurden zwar entschärft. Sie hinterließen aber eine allgemeine Verunsicherung in Griechenland. Vor diesem Hintergrund folgt der 3. Akt: Die Griechen sind nun am Sonntag aufgerufen, neue Bürgermeister und Regionalgouverneure zu wählen. Und dieser vorerst letzte Akt hat es in sich, in ihm scheinen die meiste Dramatik und der meiste politische Sprengstoff verborgen.

Die Opposition, allen voran der Präsident der konservativen Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, will die Wahlen nutzen, um der Regierung einen Denkzettel zu verpassen. Nur so würde nach Samaras Ansicht die sozialistische Regierung ihr hartes Sparprogramm zurücknehmen. Doch Ministerpräsident Giorgos Papandreou reagierte sofort: Wenn das Volk am Sonntag gegen die Bürgermeister und Regionalgouverneure stimmt, die seine Partei unterstützt, dann werde er vorgezogene Wahlen proklamieren. „Ich bluffe nicht,“ soll er seinen engsten Mitarbeitern gesagt haben.

Denn sollte ihm das Volk bei den Kommunalwahlen das Vertrauen entziehen, will er es umgehend direkt vor die Wahl stellen: Entweder werden seine Reformen und das harte Sparprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union fortgesetzt, oder das Land werde pleitegehen. „In der Demokratie gibt es keine Sackgassen. Man kann sich immer an das Volk wenden,“ sagt der Sozialist Papandreou immer wieder. Papandreou ist erst ein Jahr im Amt, musste in den vergangenen Monaten dramatische Sparmaßnahmen treffen, um das Land vor dem Bankrott zu retten. Die Griechen mussten harte und höchst unpopuläre Einschnitte in Kauf nehmen. Angesichts der innenpolitischen Streitigkeiten musste Staatspräsident Karolos Papoulias das Volk und die Politiker zur Räson rufen, „in diesen schwierigen Zeiten zu kooperieren.“

Die griechischen Medien warnten vor dramatischen Konsequenzen, sollte das Land nicht den Kurs der Reformen fortsetzen. „Der Staatsapparat ist wegen dieser innenpolitischen Verunsicherung lahmgelegt“, warnte die konservative Traditionszeitung „Kathimerini“. Und Finanzexperten des Internationalen Währungsfonds (IWF) schlagen schon entsetzt die Hände über den Kopf zusammen, wenn sie von vorgezogenen Wahlen in Griechenland hören, berichtete die Athener Presse weiter. Denn die Kontrolleure der Europäischen Zentralbank, der EU- Kommission sowie des IWF prüfen in Athen laufend die Bücher. Von ihren Berichten hängt es ab, ob Athen weitere Finanzspritzen erhält und liquide bleibt. Der Ausgang des Dramas bleibt somit offen.