In den kommenden vier Jahren wird Brasilien erstmals von einer Präsidentin regiert. Die 62-jährige Dilma Rousseff setzte sich klar durch.

Sao Paulo. Dilma Rousseff ist die Wahlgewinnerin in Brasilien. Zum ersten mal übernimmt mit der 62-Jährigen eine Frau die Führung von Staat und Regierung im südamerikanischen Land. Sie setzte sich am Sonntag in der Stichwahl um das Präsidentenamt klar durch und tritt damit zum Jahreswechsel die Nachfolge des populären Amtsinhabers Luiz Inacio Lula da Silva an. Rousseff kündigte Reformen des Steuersystem sowie der Verwaltung an und versprach, das unter Lula wirtschaftlich aufgeblühte Land zu weiterem Wachstum zu führen. Die ehemalige Widerstandskämpferin ist die politische Ziehtochter des Sozialisten, der nach acht Jahren an der Spitze der größten lateinamerikanischen Volkswirtschaft nicht mehr antreten durfte.

Brasilien hat unter Lula einen starken Aufschwung erlebt und dürfte in diesem Jahr um mehr als sieben Prozent wachsen. Vielen Familien gelang der Aufstieg in die Mittelschicht, die dank ihres frisch erworbenen Wohlstands nun Konsum und Industrie befeuert. Zugleich hat sich die Republik neben China und Indien als eines der wichtigsten Schwellenländer etabliert und nimmt großen Einfluss auf die Entscheidungen der mächtigen G20-Gruppe.

Die von bulgarischen Einwanderern abstammende Rousseff erhielt in der Stichwahl knapp 56 Prozent der Stimmen. Ihr Vorsprung auf Oppositionskandidat Jose Serra erreichte damit deutliche zwölf Prozent. Bis Lula sie zur Spitzenkandidatin machte, war die frühere Energieministerin selbst im eigenen Land nur wenig bekannt. Sie profilierte sich dann aber als Vertreterin eines pragmatischen Linkskurses, der eine investorenfreundliche Wirtschaftspolitik mit umfassenden Sozial- und Infrastrukturprogrammen verbindet. Rousseff kämpfte in den achtziger Jahren gegen die Militärjunta und wurde während einermehrjährigen Gefangenschaft gefoltert.

Die Opposition räumte ihre Niederlage ein, signalisierte aber zugleich, dass sie der neuen Staats- und Regierungschefin stärker als ihrem Vorgänger auf die Finger schauen will. Er werde die Wünsche der Wirtschaft aufnehmen und eine ganze Reihe von Gesetzesreformen vorschlagen, um die Regierung vor sich herzutreiben, sagte Oppositionschef Aecio Neves Reuters. Unter Lula hatten die Konservativen direkte Konfrontationen vermieden.