Er habe nicht von Zuwanderungsstopp gesprochen, sagte CSU-Chef Horst Seehofer. Bundeskanzlerin Merkel zeigte Verständnis.

Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer kann die Aufregung um seine Aussagen zur Integration nicht nachvollziehen. „Ich habe – und das ist meine Pflicht – ganz sachlich Fragestellungen für die Zukunft beschrieben, auch Schwierigkeiten, die wir zu bewältigen haben“, sagte er. Von einem Zuwanderungsstopp sei nicht die Rede gewesen: „Lesen Sie mein Interview, da werden Sie einen solchen Begriff nicht finden.“

Wörtlich hatte er gesagt: "Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen, wie aus der Türkei und arabischen Ländern, insgesamt schwerer tun. Daraus ziehe ich auf jeden Fall den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen."

In der CSU hatten Seehofers Äußerungen für Beifall gesorgt. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, lobte seinen Parteichef. "Man kann doch nicht ernsthaft bestreiten, dass sich bei uns Zuwanderer aus fremden Kulturkreisen schwerer tun als Zuwanderer mit dem gleichen kulturellen Hintergrund wie die Deutschen", sagte Friedrich dem Abendblatt.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie könne Seehofers Meinung nachvollziehen. Seehofer hatte ihr zuvor erklärt, es gehe im darum, dass Fachkräfte aus dem Ausland erst dann nach Deutschland geholt werden, wenn die freien Stellen hier nicht besetzt werden können. „Insofern gibt es da keinen weiteren Dissens", sagte Vize-Regierungssprecherin Sabine Heimbach.

Hans-Peter Friedrich äußerte den Verdacht, "dass die Grünen und die Sozialisten eine Rechtspartei in Deutschland provozieren wollen. Sie brauchen ein Feindbild." Friedrich sagte weiter: "Wir werden aber eine Partei rechts von der Union nicht ermöglichen."

Zuvor hatte Grünen-Chefin Claudia Roth Seehofers Unterscheidung von guten und schlechten Migranten je nach Kulturkreis als "unerträglich" und "skandalös" bezeichnet. Sie forderte Seehofer auf, sich zu entschuldigen und "seine hetzerischen Worte" zurückzunehmen.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt gab wiederum den Grünen eine Mitschuld an den Integrationsproblemen in Deutschland. "Die Grünen mit ihrem gestörten Verhältnis zu christlichen Werten und zur deutschen Leitkultur tragen gehörige Mitschuld daran, dass wir eine Million Integrationsverweigerer in Deutschland haben", sagte Dobrindt. Es sei höchste Zeit, dass Grüne wie Renate Künast aus ihren "Multikulti-Träumereien" erwachten. Er sprach sich wie Parteichef Horst Seehofer für einen Zuwanderungsstopp aus. Künftig dürfe es keine zusätzliche Zuwanderung aus Kulturkreisen geben, die die deutsche Leitkultur ablehnten.

CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach lehnte diese Forderungen jedoch mit deutlichen Worten ab. Wenn Seehofer hinter geltendes Recht zurückwolle, habe er Zweifel, ob das verfassungsrechtlich und völkerrechtlich überhaupt möglich sei, sagte Bosbach der "Saarbrücker Zeitung".

CSU-Politiker Friedrich lenkte das Augenmerk auf den Fachkräftemangel, um die Zuwanderungsposition der CSU zu untermauern: "Wir müssen uns in erster Linie um die bereits Zugewanderten kümmern und deren Integration verbessern", betonte er. "Die Forderung der Wirtschaft, den Fachkräftemangel mit Zuwanderung zu beheben, halte ich für falsch." Es sei nicht nur die Haltung des Parteivorsitzenden, sondern der gesamten CSU, dass der Fachkräftemangel zuallererst mit der Qualifizierung der eigenen Bevölkerung gelöst werde, so Friedrich. "Wenn das nicht ausreicht, steht den deutschen Unternehmen ein riesengroßer europäischer Binnenmarkt zur Verfügung, mit Fachkräften aus dem europäischen Kulturkreis. Diese Menschen sind leichter integrierbar in Deutschland als diejenigen, die fremden Kulturkreisen angehören."