Karlsruhe. Das bundesweit einzigartige nächtliche Alkoholverkaufsverbot in Baden-Württemberg verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht verwarf in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss die Beschwerde eines Verbrauchers aus dem Bundesland. Seit Anfang März dürfen Tankstellen, Kioske und Supermärkte in Baden-Württemberg zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen. Mit der Regelung will die CDU/FDP- Landesregierung Saufgelage von Jugendlichen, das sogenannte Koma- Saufen, verhindern.

Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) sieht damit bestätigt, dass die Regelung verhältnismäßig sei. Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) rief die Betreiber von Tankstellen und Kiosken auf, das Verbot zu akzeptieren. „Auch wenn die FDP nicht der ganz große Fan davon ist.“ Bei den Tankstellenpächtern stößt dieser Appell aber auf taube Ohren. Sie fühlen sich schlechter behandelt als die Gastronomie und wollen deshalb nach Karlsruhe ziehen.

Das Verbot tangiert dem Gericht zufolge zwar die Handlungsfreiheit des Konsumenten. Dies sei aber für das Gemeinwohl hinzunehmen, weil das Land mit dem Gesetz zunehmende Straftaten mit Alkohol im Spiel eindämmen und Gesundheitsgefahren vorbeugen wolle. Zahlreiche internationale Studien belegten, dass die „jederzeitige Verfügbarkeit den exzessiven Konsum“ fördere.

Zeitliche Verkaufs- oder Konsumverbote durch einzelne Polizeibehörden wären nicht so wirksam, erklärte die 2. Kammer des Ersten Senats. Der Beschwerdeführer sei auch nicht unzumutbar beeinträchtigt - schließlich könne er nachts zuvor gekaufte Getränke konsumieren oder in eine Gaststätte gehen.

Das Landesgesetz hat ohnehin Lücken: Wenn Tankstellen in ihrem Laden ein Bistro betreiben und eine sogenannte Gaststättenerlaubnis besitzen, können sie rund um die Uhr Alkohol verkaufen.

Die Pächter würden künftig wohl Mitarbeiter entlassen, um Kosten für den Nachtverkauf zu sparen, schrieb Pfister. Einige Tankstellen hätten ihre Öffnungszeiten inzwischen eingeschränkt; statt bis Mitternacht ließen sie ihren Shop nur noch bis 22.00 Uhr auf.

Weitere Beschwerden liegen beim Bundesverfassungsgericht bislang nicht vor. Der Bundesverband der Tankstellen und Gewerblichen Autowäsche plant aber eine neue Verfassungsbeschwerde. „Wir werden auf jeden Fall klagen“, sagte Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Lihra den „Stuttgarter Nachrichten“ (Sonnabend).

Er begründete dies unter anderem mit massiven Umsatzverlusten für die Tankstellen durch das Verkaufsverbot. Noch vor den Sommerferien solle ein Mitgliedsbetrieb ­ stellvertretend für den Verband ­ die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen.