Ehemaliger bayerischer Ministerpräsident für mehr Bürgerbeteiligung. Repräsentative Demokratie sei dadurch jedoch nicht ersetzbar.

Hannover. Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) plädiert für mehr direkte Demokratie - auch auf Bundesebene. Volksbegehren und Volksentscheide böten eine Möglichkeit, „die Kluft zwischen Bürger und Regierung nicht noch größer werden zu lassen“, sagte Beckstein am Montagabend bei einer Veranstaltung der evangelischen Hanns-Lilje-Stiftung in Hannover: „Zu einem mündigen Volk gehört, dass man die Entscheidung zu einem gewissen Teil auch dem Volk überlässt.“

Als Beispiele nannte Beckstein die Konflikte um „Stuttgart 21“, um das geplante Atommüll-Endlager Gorleben oder um den Nichtraucherschutz. Allerdings könnten Volksentscheide die repräsentative Demokratie nicht ersetzen. „Sie sind eine gute Ergänzung zu den Parlamenten.“ Sie könnten Konflikte befrieden und ein Korrektiv zur Politik bilden. Bürger könnten hier ihrem Unmut über vermeintlich falsche Entscheidungen der Politiker Luft machen.

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Den Einwand, die Bürger hätten zu wenig Sachkenntnis, ließ der Politiker, der auch Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, nicht gelten: „Die Bürger sind informierter, als man sich das gemeinhin vorstellt. Im Parlament sitzen auch manche Leute, die keine Detailkenntnisse haben.“

Skeptisch zu den Vorschlägen äußerte sich die Hamburger Politikwissenschaftlerin Christine Landfried. Die politischen Probleme seien oft zu kompliziert für Volksentscheide. „Wer von uns könnte sagen, was im Fiskalpakt wirklich steht, der in Brüssel beschlossen wurde?“, sagte die Professorin. Ähnlich sei es in der Steuerpolitik oder beim Euro-Rettungsschirm.

Zudem stehe bei Volksentscheiden niemand wirklich in der Verantwortung. „Wenn der Fiskalpakt erfolglos bleibt, kann man Politiker dafür verantwortlich machen und abwählen“, sagte sie. „Aber die Bürger kann man nicht verantwortlich machen.“ (epd)