Hausdurchsuchung bei Olaf Glaeseker im Morgengrauen. Gegen den ehemaligen Sprecher von Bundespräsident Christian Wulff wird ermittelt.

Hannover. Vier Stunden lang versuchten die Oppositionsparteien gestern im niedersächsischen Landtag, Licht in die Kredit-Affäre von Bundespräsident Christian Wulff zu bringen. Der Erkenntnisgewinn blieb recht übersichtlich.

Noch bevor die Parlamentssitzung in Hannover begann, schlugen Polizei und Staatsanwaltschaft im 25 Kilometer entfernten Wunstorf zu: Im Morgengrauen begann eine Razzia im Haus des langjährigen Wulff-Vertrauten und -Pressesprechers Olaf Glaeseker. Der Vorwurf gegen den "Präsidentenflüsterer", wie er bis heute in Hannover genannt wird, wiegt schwer: Korruption.

Zeitgleich beschlagnahmten Ermittler Computer, Akten und Unterlagen aus den Privat- und Geschäftsräumen des Eventmanagers Manfred Schmidt in Berlin und der Schweiz. Schmidt hatte in Wulffs siebenjähriger Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover. Dort arbeitete auch Glaeseker. Schmidt organisierte unter anderem das Wirtschaftstreffen von Niedersachsen und Baden-Württemberg, den sogenannten Nord-Süd-Dialog. Und um die Unterlagen und Aufzeichnungen über genau diese Veranstaltungen geht es den Ermittlern.

"Es besteht der Verdacht, dass Olaf Glaeseker in den Jahren 2007 bis 2009 im Rahmen seiner damaligen Dienstgeschäfte die Durchführung und Finanzierung der von Manfred Schmidt (...) ausgerichteten Veranstaltungsreihe Nord-Süd-Dialog gefällig gefördert hat", erklärte die Staatsanwaltschaft. Im Gegenzug soll Glaeseker mehrere kostenlose Urlaube in Feriendomizilen von Schmidt verbracht haben. Glaeseker selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Er war kurz vor Weihnachten ohne Angabe von Gründen als Sprecher des Bundespräsidenten beurlaubt worden.

+++ Leitartikel: Bobby-Car-Niveau +++

+++Wulff veröffentlicht Antworten zu Journalistenfragen auf 240 Seiten+++

Die Opposition im Landtag schlug nach Bekanntwerden der Razzia sofort einen Bogen zum früheren Ministerpräsidenten Wulff: "Dies beschreibt eine neue Dimension der Verfehlungen in der Amtsführung des ehemaligen Ministerpräsidenten und der von ihm geführten Landesregierung", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel. SPD-Fraktionschef Stefan Schostok sagte: "Der Herr Bundespräsident muss beunruhigt sein wegen der Art und Weise, wie die Justiz seinen einstmals engsten Mitarbeiter ins Visier genommen hat." Dass auch Wulff als Ministerpräsident Unternehmen auf ein Sponsoring der Schmidt-Veranstaltungen angesprochen hat, bestreitet die Landesregierung in Hannover inzwischen nicht mehr, spricht aber von "üblichem Verhalten als Schirmherr".

Der Opposition versuchte gestern im Landtag zu klären, ob der damalige Ministerpräsident Wulff bei seinen Urlauben in Ferienhäusern mehrerer Unternehmer und durch den Privatkredit über 500 000 Euro von einem befreundeten Ehepaar nicht doch gegen seine Amtspflichten verstoßen hat. Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) aber verwies bei Fragen nach Geschäftsbeziehungen des Landes zu diesen Unternehmern immer wieder auf Steuergeheimnis und andere Verschwiegenheitsverpflichtungen. Ministerpräsident David McAllister (CDU) überließ die Beantwortung der Oppositionsfragen im Landtag seinen Ministern, sicherte lediglich zu, die Landesregierung werde sich bemühen, auch weitere Fragen zu beantworten, aber: "Wir haben in Niedersachsen noch viele weitere Themen, die wir im Interesse der Menschen anpacken müssen."

Die Ermittlungen gegen Glaeseker wollte McAllisters Sprecher nicht kommentieren: "Dazu äußern wir uns nicht, sicher ist allerdings, dass diese Ermittlungen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beitragen werden. Das ist gut so", sagte er.

Hier finden Sie alle drei Dokumente, in denen Christian Wulff die Fragen verschiedener Journalisten beantwortet:

+++ Fragen & Antworten - Teil 1 +++

+++ Fragen & Antworten - Teil 2 +++

+++ Fragen & Antworten - Teil 3 +++