Weiter Streit darum, ob Guido Westerwelle auf seiner Südamerikareise hätte von seinem Lebenspartner begleitet werden dürfen.

Berlin. Es hätte so schön sein können. Ein letzter Tag an der Copacabana, einem der Traumstrände von Rio de Janeiro. Zum Abschluss einer strapaziösen Ein-Wochen-Tour durch Südamerika stand für Bundesaußenminister Guido Westerwelle zwar kein Touristenprogramm an. Aber eigentlich wären die Stunden unter dem Zuckerhut eine gute Gelegenheit Gelegenheit gewesen, zufrieden zurückzublicken. Doch weit gefehlt: Irgendetwas lief völlig schief auf der bislang längsten Auslandsreise von Guido Westerwelle.

Das Projekt, den Beziehungen zu Lateinamerika mehr Geltung zu verschaffen, wurde völlig überlagert vom Streit über die Frage, wen der Außenminister auf solchen Reisen mitnehmen darf - und natürlich wer nicht. Geschäftsleute, die zu FDP-Spendern gehören? Den Lebensgefährten Michael Mronz, obwohl der mit der Organisation von Sportveranstaltungen sein Geld verdient? Den Geschäftsführer einer Firma, an der der eigene Bruder beteiligt ist?

Nach Tagen des Schweigens hatte Kanzlerin Angela Merkel am Vormittag ihrem Vizekanzler zwar Rückendeckung gegeben. Aber Angela Merkel macht es auf die ihr eigene Art. Es wirkte nicht unbedingt wie ein flammendes Bekenntnis. „Die Bundeskanzlerin ist davon überzeugt, dass die Bundesminister und in diesem Fall auch der Bundesaußenminister in Übereinstimmung mit den Regeln vorgegangen ist und auch vorgehen wird“, ließ Merkel über Vize-Regierungssprecherin Sabine Heimbach ausrichten. Die Sprecherin erläutert nicht, ob die Kanzlerin den Fall konkret geprüft hat oder ob sich um reines Vertrauen handelt.

Merkels Rückendeckung mag halbherzig wirken, zumal bereits leichte Missstimmung seit Westerwelles Äußerungen zum Sozialstaat herrscht. Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet – die Kanzlerin sehe das als selbstverständlich an, heißt es aus der Union. Merkel nahm es Westerwelle ein wenig übel, dass er so getan hat, als bräche er ein Tabu. Bei Auslandsreisen ist für Merkel klar: Schon der Anschein einer Vermischung von Privat- und Geschäftsinteressen sollte vermieden werden. Das würde bedeuten, dass Mronz als Lebenspartner durchaus mitreisen kann, wenn er etwa beim Partnerprogramm mitmacht.

Im Fall von Herrn Mronz sieht die Opposition Anlass zu Kritik. So wird Westerwelle vorgehalten, sein Lebenspartner könne solche Reisen zur Anbahnung eigener Geschäfte nutzen. Der Event- und PR-Manager Mronz, der auf die Vermarktung von großen Sportereignissen spezialisiert ist, hatte den Vizekanzler nach Südamerika begleitet. In Brasilien finden 2014 die Fußball-WM und zwei Jahre später die Olympischen Spiele statt. Mronz selbst zog am Freitag die Konsequenz aus der aktuellen Debatte.

Bei der nächsten großen Auslandsreise des Außenministers wird er nicht dabei sein. Der Sportveranstaltungs-Manager kündigte in Rio de Janeiro an, auf die Mitreise nach Südafrika im April verzichten zu wollen. Er habe „andere Termine“. Zugleich wies er den Vorwurf zurück, bei der gegenwärtigen Südamerika-Reise auch berufliche Interessen verfolgt zu haben. Seine Firma sei „nicht auf solche globalen Events wie die WM oder die Olympischen Spiele“ ausgerichtet. Mronz fügte hinzu: „Ich definiere meinen Beruf nicht über das Amt von Herrn Westerwelle.“

Dazu kommt: Während der Außenminister zumindest bei der Opposition für eine Welle der Kritik sorgt, versagen viele Bundesbürger der schwarz-gelben Koalition die Unterstützung. 41 Prozent wünschen sich im ZDF-Politbarometer die große Koalition zurück. In Westerwelles Umgebung ist der Ärger groß. Man fühlt sich schlecht behandelt. Man hält sich offiziell zurück. Aber beim Empfang im Garten des deutschen Generalkonsulats hoch oben über den Dächern von Rio fällt dann doch des öfteren das Wort von einer „Hetzkampagne“, der sich der Außenminister ausgesetzt sehe.

Die Wirtschaftsdelegation sieht das ähnlich. Der Vorsitzende des Lateinamerika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Bodo Liesenfeld, lobt im Namen der Kollegen hochoffiziell: „Die klare politische Flankierung der deutschen Wirtschaft durch den Bundesaußenminister war das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt.“ EADS-Manager Stefan Zoller sagt: „Es kann ja nicht sein, dass dieser Hype um die Mitnahmepraxis die ganze Reise bestimmt.“

Westerwelle ließ sich kaum etwas anmerken. Am Freitag spulte er wie gewohnt sein Programm ab. In einem fein temperierten Konferenz- Hotel warb er um deutsche Aufträge für Brasiliens Fußball-WM 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016, die in Rio stattfinden. Zum Schluss erheiterte der FDP-Chef – gewiss keiner der größten Fußballer der deutschen Politik – den Saal mit der Bemerkung: „Wir wollen dann im Endspiel aber auch gewinnen, wie es sich gehört.“