Der Wirtschaftsminister traf sich mit Vertretern der Wirtschaft zu einem Kreditgipfel. Er will die Banken stärker in die Pflicht nehmen.

Berlin. Zur Vermeidung einer flächendeckenden Kreditklemme will die Bundesregierung die Banken stärker in die Pflicht nehmen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte am Donnerstagabend nach einem Kreditgipfel mit 40 Spitzenvertretern aus der Wirtschaft und Kreditwirtschaft: „Die Regierung ist nicht bereit, den Job der Banken zu machen. Sie kann es nicht, und sie will es nicht.“ Grüne und Linke warfen der Bundesregierung Untätigkeit und Verharmlosung der Situation vor.

Brüderle sagte, man sei sich in der Analyse einig, dass es derzeit keine flächendeckende Kreditklemme gebe. Die Banken müssten und könnten die Aufgabe erfüllen, dies auch künftig zu verhindern. Ziel müsse sein, die staatlichen Maßnahmen zur Überbrückung der Krise zurückzunehmen, sobald sich die wirtschaftliche Lage stabilisiert habe. Man müsse in die Bahn der sozialen Marktwirtschaft zurückkehren, sagte der FDP-Politiker. „Der Bund ist Schiedsrichter“ und solle nicht selbst aktiv eingreifen.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, sagte, mit anziehender Konjunktur bräuchten die Unternehmen frisches Geld für die Vorfinanzierung neuer Aufträge und für Investitionen. Im Zentrum stehe die Versorgung der Unternehmen mit Eigenkapital, der Ausbau der sogenannten Beteiligungsfinanzierung.

Der Präsident des Deutschen Spar- und Giroverbandes, Heinrich Haasis, sagte, gerade in schwierigen Zeiten müssten Kredite vorsichtig vergeben werden. „Wir hoffen, dass die Konjunktur anzieht.“ Derzeit sei man noch nicht in einer kritischen Phase.

In der gemeinsamen Abschlusserklärung der Teilnehmer heißt es, die Vermeidung einer Kreditklemme werde als „Herausforderung für uns alle“ begriffen. Alle Akteure sähen die hohe Bedeutung der Stärkung des Eigenkapitals der Unternehmen. „Hierzu können insbesondere solche Formen der Beteiligungsfinanzierung einen positiven Beitrag leisten, die Kapital ohne die Abgabe von Unternehmensanteilen zuführen“, heißt es weiter. An dem Treffen nahm in Vertretung von Finanzminister Wolfgang Schäuble Staatssekretär Jörg Asmussen teil.

Die Opposition äußerte sich kritisch. Der Finanzexperte der Linksfraktion, Michael Schlecht, sagte: „Wir haben es vor allem deshalb mit einer Kreditklemme zu tun, weil die Bundesregierung wirtschaftspolitisch verklemmt ist.“ Das Kreditvolumen sinke nach EZB-Angaben seit September. Die Grünen-Politikerin Christine Scheel warf Brüderle Verharmlosung vor. „Seit Monaten redet Wirtschaftsminister Brüderle wieder und wieder von einer drohenden Kreditklemme, während große Teile des Mittelstands schon lange keine Kredite mehr bekommen“, monierte sie. Brüderle beweise einmal mehr, dass er keine Pläne in der Tasche habe.

Der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen, Anton Börner, sieht die Gefahr einer Kreditklemme ebenfalls längst nicht gebannt. Diese bestehe bereits zur Jahresmitte, wenn bei zunehmender Investitionsneigung die Spielräume der Banken zur Vergabe von Krediten enger zu werden drohten. „Die Lösung liegt in der Wiederbelebung der Verbriefung von Forderungen“, betonte der BGA-Präsident.

Die deutsche Kreditwirtschaft ist indes laut „Handelsblatt“ in besserer Verfassung als noch vor einem Jahr. Sie habe abgespeckt und ihr Kapital gestärkt. Das gehe aus einer Antwort der Bundesregierung auf Fragen des finanzpolitischen Sprechers der Grünen, Gerhard Schick, hervor. Die vom Finanzministerium präsentierten Zahlen belegten, dass das gesamte deutsche Bankensystem zwischen Ende 2008 und September 2009 seine Kernkapitalquote von 9,55 Prozent auf 10,65 Prozent gesteigert habe.