Zu gemeinnütziger Arbeit will die NRW-SPD-Chefin Kraft Langzeitarbeitslose heranziehen. Der DGB und Sozialverbände halten von dem Plan wenig.

Düsseldorf. Zuletzt war es FDP-Chef Guido Westewelle, der mit seinen Vorschlägen zu Hartz-IV den Unmut der Sozialverbänden und Gewerkschaften auf sich zog. Doch nachdem die nordrhein-westfälische SPD-Chefin Hannelore Kraft am Wochenende forderte, dass Langzeitarbeitslose zum Beispiel in Altenheimen oder Sportvereinen eingesetzt werden könnten, steht sie im Kreuzfeuer der Kritik. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte von Kraft, ihre Aussagen klarzustellen. DGB-Vorstand Annelie Buntenbach sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, unbezahlte gemeinnützige Arbeit sei „kein Weg aus der Langzeitarbeitslosigkeit“. Nötig sei ein staatlich geförderter zweiter Arbeitsmarkt mit angemessener Bezahlung.

Natürlich gebe es Langzeitarbeitslose, die zum Beispiel aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in reguläre Arbeitsverhältnisse zu vermitteln seien, sagte Buntenbach. Von unbezahlten Tätigkeiten und Ein-Euro-Jobs gehe aber die Gefahr aus, dass sie reguläre Arbeitsplätze ersetzten und damit vernichten. „Deshalb muss Hannelore Kraft klarstellen, wohin die Reise gehen soll“, forderte Buntenbach.

Kraft, die Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahlen am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen ist, hatte dem „Spiegel“ mit Blick auf Langzeitarbeitslose gesagt: „Diese Menschen können zum Beispiel in Altenheimen Senioren Bücher vorlesen, in Sportvereinen helfen oder Straßen sauber halten.“ Dafür sollten sie einen symbolischen Aufschlag auf die Hartz-IV-Sätze bekommen. Auf diese Weise entstünden dem Staat so gut wie keine Mehrkosten. „Wir müssen endlich ehrlich sein. Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden“, sagte Kraft. Deshalb müsse rasch „ein Gemeinwohl-orientierter Arbeitsmarkt“ aufgebaut werden.

Krafts Idee sei „missverständlich“, kritisierte auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher. Es gebe bereits heute eine beachtliche Zahl von gemeinnützigen Jobs in Kommunen oder bei Wohlfahrtsverbänden. „Das ist nicht unbegrenzt auszudehnen, weil einerseits Arbeitsplätze des regulären Arbeitsmarktes nicht gefährdet werden sollen und weil diese gemeinnützige Arbeit nicht zum Nulltarif zu haben ist“; sage Mascher der „Frankfurter Rundschau“.

Mascher betonte zudem, „nicht jeder Bereich sozialer Arbeit“ sei für Langzeitarbeitslose geeignet. „Pflegeheime sind es ganz sicher nicht. Schwer- und schwerstpflegebedürftige Menschen brauchen Pflegekräfte mit hohem fachlichen und persönlichen Qualifikationen“, sagte die VdK-Chefin.

Das Erwerbslosen Forum Deutschland erteilte Krafts Vorschlägen ebenfalls, eine Absage. Erwerbslose hätten nichts der Gesellschaft wieder zu geben. „Da wären zu allererst andere dran“, sagte Sprecher Martin Behrsing. Er kritisierte, dass Kraft ihre Forderung „mit den Begriffen Würde und Perspektive verpackt“. Es sei besonders die SPD gewesen, die die „Perspektivlosigkeit Hartz IV-Bezieher erst ermöglicht hat“.

Kraft verteidigte sich hingegen. Vor allem wies sie den Vorwurf zurück, sie blase in ein ähnliches Horn wie FDP-Chef Westerwelle. Westerwelle setze auf Arbeitszwang, sie dagegen wolle Arbeitswilligen eine Perspektive schaffen, betonte Kraft im WDR. „Ich möchte Hartz-IV-Empfängern die Chance geben, dauerhaft in Arbeit zu kommen“, sagte Kraft. Es gehe ihr um schwer vermittelbare Hartz-Empfänger, die zum Beispiel einen 1-Euro-Job machen, den aber nach einem Jahr wieder aufgeben müssen. Für sie solle ein Arbeitsmarkt auf kommunaler Ebene geschaffen werden. „Denn diese Menschen wollen arbeiten“, unterstrich die SPD-Politikerin.