Die Hartz-IV-Regelsätze müssen nach einem Verfassungsurteil neu berechnet werden. Innenminister de Maizière hält davon wenig.

Berlin. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze kritisiert. „Das Urteil zeigt eine problematische Tendenz hin zu einer übertriebenen Einzelfallbetrachtung statt zu einer vernünftigen Pauschalierung“, sagte de Maiziére der „Bild“- Zeitung. Die Karlsruher Richter hatten die bisherige Berechnungsmethode für verfassungswidrig erklärt und die Bundesregierung zur Neuregelung bis Ende des Jahres aufgefordert. Die bisherige Kalkulation intransparent und orientiere sich zu wenig an der Realität, so die Richter. Die Höhe der Regelsätze beanstandeten sie nicht.

Ein Urteil und seine Folgen: Was man wissen muss

Als schallende Ohrfeige für die Bundesregierung hatten einige Sozialverbände das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bezeichnet. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht dies jedoch völlig anders. Sie hat die Hartz-Reform verteidigt. Die Ziele seien im Grunde richtig gewesen, sagte sie im Deutschlandradio Kultur. Allerdings sei vieles „hastig, schlampig und im Detail nicht sehr fair und gerecht gemacht“ worden. Das werde die Regierung nun korrigieren.

„Der Zeitdruck ist exorbitant hoch“, sagte von der Leyen mit Blick auf die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist bis zum Jahresende. Ob am Ende die Hartz-IV-Empfänger bekommen werden, ist allerdings fraglich. Auch von der Leyen sprach sich erneut dafür aus, zur Deckung der Bildungsausgaben für Kinder aus Hartz-IV-Familien nicht nur über mehr Geld, sondern auch Sach- und Dienstleistungen nachzudenken.

Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, schloss eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze kategorisch aus. Er forderte, sie zu senken. "Das Bundesverfassungsgericht hat nicht gesagt, dass die Hartz-IV-Sätze zu niedrig sind", sagt Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe in der Unions-Bundestagsfraktion, der FR. "Eine Reform sollte aus meiner Sicht zu niedrigeren Regelsätzen führen", betonte Weiß.

Der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), schloss eine Kürzung der Hartz-IV-Regelsätze allerdings aus. „Für mich steht das nicht zur Debatte. Ich kann mir das nicht vorstellen“, sagte Schwierling in einer „Phoenix“-Sendung. Man habe auch noch keine Pläne in der Schublade, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden könne. „Wir haben zunächst einmal das Urteil abgewartet. Man hätte auch mit anderen Richtungen rechnen können, das wusste man nicht“, so Schiewerling.

Die FDP fordert unterdessen Hartz IV abzuschaffen und stattdessen ein Bürgergeld einzuführen. Dass nach dem Urteil die Hartz-IV-Regelsätze neu berechnet werden müssen, sei ein guter Anlass, „um über die Reform des Sozialtransfersystems als Ganzes zu sprechen“, sagte FDP-Bundesvorsitzende Andreas Pinkwart der „Passauer Neuen Presse“. „Eilige Reparaturen helfen uns nicht weiter“, fügte er hinzu.

Mit der Einführung von Bürgergeld würden die vielen verschiedenen Sozialleistungen „viel unbürokratischer, transparenter und leistungsgerechter“, meinte der nordrhein-westfälische Innovationsminister. Dabei sollte die Höhe der Hartz-IV-Sätze nicht unterschritten werden. „Das Bürgergeld soll vielmehr die Anreize erhöhen, wieder Arbeit aufzunehmen. Wer arbeitsfähig ist, erhält sein Bürgergeld über die Finanzämter, die es als Negativsteuer berechnen. Wer aus eigener Kraft kein Einkommen erzielt, erhält das Bürgergeld bedarfsabhängig direkt über die Kommunen“, sagte der FDP-Vize.

Pinkwart betonte, das Bundesverfassungsgericht habe keine Ausweitung von Hartz IV gefordert. „Das Gericht hat nichts über die Höhe der Hartz-IV-Sätze gesagt, sondern den Berechnungsmodus bemängelt.“ Die FDP wolle aber den Umbau von Hartz IV zu einem Bürgergeld in der Berliner Koalition verhandeln.