Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Fiskus zum Kauf der gestohlenen Bankdaten aufgefordert. Die Schweiz protestiert gegen den Kauf-Versuch.

Berlin. Im Kampf gegen Steuerhinterziehung hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Fiskus zum Kauf der gestohlenen Bankdaten aus der Schweiz aufgefordert. Es müsse alles versucht werden, um an die von einem Informanten zum Preis von 2,5 Millionen Euro angebotenen Steuersünder-Daten heranzukommen. Die Schweiz protestierte und will im konkreten Fall den deutschen Behörden keine Amtshilfe leisten.

Merkel sagte am Montag in Berlin: „Vom Ziel her sollten wir, wenn diese Daten relevant sind, auch in den Besitz dieser Daten kommen.“ Bedenken – auch in ihrer eigenen Partei – wies sie zurück. Jeder vernünftige Mensch wisse, dass Steuerhinterziehung geahndet werden müsse, betonte die CDU-Chefin. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, der Staat stecke in einem Dilemma. Ein Kauf sei rechtlich aber vertretbar. Das hätten Gerichte in der vergleichbaren Liechtenstein-Affäre bestätigt.

Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz kündigte an, dass sein Land auf Basis gestohlener Kundendaten nicht kooperieren werde. Der Kauf illegaler Daten sei in der Schweiz verboten, deren Verwendung verletze die Privatsphäre der Kunden, sagte Merz in Bern nach einem Gespräch mit Schäuble. Die Schweiz war erst 2009 von einer Steueroasen-Sünderliste der Industriestaaten OECD gestrichen worden.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) rief als „ein Freund der Schweiz“ das Nachbarland auf, bei der Steuerbetrug-Bekämpfung mit der EU zusammenzuarbeiten. Der FDP-Chef sagte: „Steuerkriminalität ist ein Angriff (...) auf die fleißigen Menschen, die anständig Steuern zahlen und nicht mal eben den Weg ins Ausland machen können.“ Vor einem Kauf müsse es eine strenge Prüfung geben.

CSU-Chef Horst Seehofer ermunterte die Behörden: „Ich bin dafür, dass wir alles rechtsstaatlich Mögliche tun, um Steuersünder zu identifizieren. Das sind wir schon allein den ehrlichen Steuerzahlern schuldig“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Aus Sicht der Grünen müssen die Behörden keine Skrupel haben. Es seien die Schweizer Banken, die Hehlerei betrieben, weil sie Deutschen Steuerbetrug ermöglichten.

Der Informant bietet dem Fiskus Bankdaten von bis zu 1500 Deutschen an. Sie sollen Millionensummen an der Steuer vorbei auf Schweizer Konten geschleust haben. Das Finanzministerium erklärte, man wolle sich bei der Entscheidung auf der Linie der Liechtenstein- Steueraffäre bewegen.

Anfang 2008 hatte Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit den zuständigen Ländern grünes Licht gegeben, für bis zu fünf Millionen Euro gestohlene Daten zu deutschen Steuersündern im Fürstentum über den Geheimdienst BND zu kaufen. Auch der frühere Post-Chef Klaus Zumwinkel flog dabei als Steuerhinterzieher auf.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa prüfen federführend die Steuerbehörden in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit den Experten des Bundes die Rechtslage. Auch in Schleswig-Holstein soll es Fälle geben. Eine erste Stichprobe des Materials soll fünf Verdächtige als Steuersünder überführt haben, die jeweils etwa eine Million Euro Steuern nachzahlen müssten. Insgesamt könnte dem Staat ein Steuersegen von etwa 100 Millionen Euro winken. Unklar ist weiterhin, von welchen Schweizer Banken die Daten stammen.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatten den Kauf der Datensammlung abgelehnt. Mit Dieben sollte der Staat keine Geschäfte machen. Auch der Steuerzahlerbund und Datenschützer warnten, es drohe ein schwunghafter Handel mit Daten. Polizei-Gewerkschaftschef Konrad Freiberg betonte, Steuersünder dürften nicht auf Kosten der Gesellschaft leben und so tun, als ob sie moralisch im Recht seien.

Nach Einschätzung des Hamburger Weihbischofs Hans-Jochen Jaschke ist der Staat verpflichtet, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. „Wer die Gemeinschaft bewusst schädigt, der begeht aus christlicher Sicht eine Sünde“, sagte Jaschke der „Bild“-Zeitung. Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger mahnte im Deutschlandradio, der Zweck heilige nicht die Mittel. Das Rechtsstaatsprinzip müsse gelten, sonst sei eines Tages zur Aufdeckung von Gewaltverbrechen vielleicht auch das Folterverbot in Gefahr.