In ihrer jetzigen Form hält Gesundheitsminister Rösler Zusatzbeiträge für “unsozial“. Die Grünen sehen in ihnen Vorboten seiner Reformpläne.

Berlin. Die Krankenkassen sollen nach Ansicht von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) die drohenden Zusatzbeiträge für ihre Versicherten verhindern. "Hier müssen sich die Kassen mehr anstrengen. Das erwarte ich“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Jede gesetzliche Versicherung sei in der Pflicht. Rösler bekräftigte, dass es einen neuen Ansatz in der Gesundheitspolitik geben müsse. "In der jetzigen Form sind Zusatzbeiträge unsozial." Weil Gering- und Gutverdiener dieselbe Summe zahlen müssten, werde dies als ungerecht empfunden.

Zugleich betonte der Minister, dass es genügend Kassen ohne Zusatzbeitrag gebe. Ob Versicherte die Kasse wechseln sollten, müsse jeder für sich entscheiden. "In anderen Bereichen ist der Wechsel längst üblich. Wenn mir mein Stromanbieter zu teuer ist, sehe ich mich ja auch nach einem anderen um.“

Weil sich viele Verbraucher über die Zusatzbeiträge beschwert haben, nimmt sie mittlerweile auch das Kartellamt unter die Lupe. Gegen den Verdacht der Kartellabsprache nahm die Vize-Präsidentin des Bundesversicherungsamts, Sylvia Bohlen- Schöning, die gesetzlichen Krankenkassen in Schutz. "Eine Preisabsprache kann ich noch nicht erkennen“, sagte sie der "Financial Times Deutschland“. Jede Kasse sei per Gesetz dazu gezwungen, von ihren Mitgliedern einen Obolus zu kassieren, wenn sie mit den regulären Einnahmen aus dem Gesundheitsfonds nicht mehr auskomme

Kritik an den Zusatzbeiträgen kam auch vom Koalitionspartner CSU. "Wenn jetzt einige Kassen einen Zusatzbeitrag erheben wollen, ist das nicht akzeptabel“, sagte Seehofer der „Passauer Neuen Presse“. "Der Bundesgesundheitsminister muss die Beteiligten an einen Tisch holen. Wir brauchen verbindliche Vereinbarungen über Kostendämpfung und Einsparungen im Gesundheitswesen.“ Rösler hatte bereits gestern angekündigt, bei den Arzneimitteln einen Sparkurs einleiten zu wollen. Mitte Februar wolle er zunächst mit den Krankenkassen und danach mit der Pharmaindustrie über mehr Effizienz beraten, teilte sein Ministerium mit.

Die gesundheitspolitischen Reformpläne der Bundesregierung stehen heute auch im Bundestag auf der Tagesordnung. Die Grünen, die die bevorstehenden Zusatzbeiträge einiger Krankenkassen als Vorbote der geplanten Kopfpauschale werten, haben dazu eine Aktuelle Stunde beantragt. Tatsächlich hat Rösler bereits angekündigt, langfristig eine Kopfpauschale einführen zu wollen. Dann würde jeder Versicherte den gleichen Beitrag zahlen, egal wie viel er verdient. Geringverdiener sollen allerdings einen aus Steuergeldern finanzierten Ausgleich erhalten. Die Grünen befürchten, dass ein gleicher Beitragssatz für alle, "weniger Netto vom Brutto“ für die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung bedeuten würde.