Wie soll es in Afghanistan weitergehen? Die SPD will dies heute mit Experten diskutieren, macht aber schon Vorschläge für den Abzug der Bundeswehr.

Die SPD will heute auf einer Konferenz in Berlin mit internationalen Experten über das künftige deutsche Engagement in Afghanistan beraten. Erklärtes Ziel der SPD ist es, die Eigenverantwortung der Afghanen zu stärken und damit eine Voraussetzung für den Abzug der ISAF-Truppen zu schaffen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel ist dafür, die Bundeswehr zeitgleich mit den amerikanischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen. „Wenn US-Präsident Barack Obama sagt, 2011 beginnt der Abzug der US-Armee, ist das auch der Beginn des Abzugs der Bundeswehr“, sagte Gabriel im Deutschlandfunk. Gleichzeitig sprach er sich dagegen aus, neue Kampftruppen an den Hindukusch zu schicken. „Wenn wir jetzt die Kampfhandlungen verschärfen, bedeutet das mehr zivile Tote.“ Generell unterstütze seine Partei aber den Militäreinsatz in Afghanistan. Auch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte sich bereits dafür ausgesprochen, die ersten Truppen ab 2011 abzuziehen und den Rückzug zwischen 2013 und 2015 abzuschließen.

An dem heutigen Treffen der SPD nehmen neben Steinmeier und Gabriel unter anderen auch der ehemalige afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta, der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz, der US-Botschafter bei der NATO, Ivo Daalder, und der ehemalige Leiter der UN-Mission in Afghanistan, Tom Koenigs, teil.

Das Treffen steht auch im Licht der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar. Dort steht unter anderem eine mögliche Aufstockung des Bundeswehrkontingents von derzeit maximal 4.500 Soldaten auf der Tagesordnung. Die SPD lehnt dies ab. In einem Positionspapier von Gabriel und Steinmeier, aus dem die „Frankfurter Rundschau“ zitierte, heißt es, die Bundesregierung solle vielmehr versuchen, durch Umschichtung im bestehenden Kontingent die nötigen Kapazitäten für mehr Polizei- und Militärausbilder freizumachen.

Im Gegensatz zu ihrem Parteichef sprachen sich SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen und der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil für eine Aufstockung der Bundeswehrtruppen aus. Sie schrieben in einem Diskussionsbeitrag für „Welt Online“ mit dem Titel „Wie weiter in Afghanistan?“ dass, „zunehmende Aufstände und Aktivitäten der Taliban“ einer friedlichen Entwicklung entgegenstünden.

Zugleich kritisierten sie die politische Debatte um den Einsatz: „Die Politik muss eingestehen, dass sie lange nicht die Kraft und den Mut hatte, eine gesellschaftliche Diskussion über den schwierigen Einsatz unserer Soldaten in Afghanistan zuzulassen geschweige denn selbst anzustoßen.“ Die Diskussion über das deutsche Engagement in Afghanistan sei in den vergangenen Jahren „zu einer festgefahrenen Debatte der Fachelite verkommen“, hieß es in dem Beitrag.

„Die Regierung ist nun am Zuge, für die angekündigte Anpassung des Mandates eine politische und gesellschaftliche Mehrheit zu suchen“, forderten die SPD-Politiker. Das Stillschweigen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) vor der internationalen Afghanistan-Konferenz in London am Donnerstag zeuge nicht vom Willen der Regierung, eine solch gesellschaftliche Mehrheit sicherzustellen. „Statt ein zivil-militärisches Gesamtkonzept vorzulegen und vor der London-Konferenz zu diskutieren, taucht die Regierung ab“, schrieben Annen und Klingbeil.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will in der kommenden Woche sein Konzept zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr vorlegen. Er wollte sich aber zunächst nicht über die geplante Zahl der Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan äußern. Gefragt, ob es auch mehr als die bislang 4.500 Kräfte sein könnten, sagte Guttenberg: „Es ist an dieser Stelle nichts auszuschließen.“

Die Opposition rief er zu einem gemeinsamen Vorgehen in der Afghanistan-Politik auf. „Ich sehe in vielen Bereichen Übereinstimmungen. Es ist der wichtigste Aspekt, dass wir uns im Bundestag nicht auseinanderdividieren und den Soldaten über diese Grenzen auch Unterstützung geben können“, sagte er im ARD- „Morgenmagazin“.