Oppositionsführer Viktor Janukowitsch hat Prognosen zufolge die erste Runde klar gewonnen - nun folgt eine Stichwahl mit Julia Timoschenko.

Kiew. Bei der Präsidentenwahl in der Ukraine hat Oppositionsführer Viktor Janukowitsch Prognosen zufolge die erste Runde klar gewonnen. Er muss aber am 7. Februar in eine Stichwahl mit seiner Erzrivalin, der prowestlichen Regierungschefin Julia Timoschenko. Der 59 Jahre alte Janukowitsch erhielt am Sonntag nach unterschiedlichen Prognosen zwischen 32 und 37 Prozent der Stimmen. Die 49 Jahre alte Timoschenko mit dem folkloristischen Haarkranz kam demnach 24 bis 27 Prozent der Stimmen.

Janukowitsch, der Wahlverlierer von 2004, bescherte den prowestlichen Kräften der Orangenen Revolution eine schmerzliche Niederlage. Da aber keiner der 18 Kandidaten auf die Mindeststimmzahl von 50 Prozent kam, ist in drei Wochen die Stichwahl angesetzt. Erste aussagekräftige Wahlergebnisse wurden in der Nacht zum Montag erwartet. Kiews Führungsduo aus Präsident Viktor Juschtschenko und Timoschenko wurde von den Wählern wegen gebrochener Reformversprechen erwartungsgemäß abgestraft. Der Volkszorn traf aber vor allem Amtsinhaber Juschtschenko, der nur noch auf etwa fünf Prozent kam. Entscheidend für den Ausgang der Stichwahl dürfte sein, für welches Lager sich der Drittplatzierte, der Bankier Sergej Tigipko, entscheidet. Er kam auf gut zehn Prozent der Stimmen. Der im russisch geprägten Osten und Süden des Landes beliebte Janukowitsch versprach an dem eiskalten Wahltag in Kiew eine enge Zusammenarbeit mit Russland und der Europäischen Union.

Die Wähler im zweitgrößten Flächenland Europas hofften vor allem auf ein Ende der jahrelangen politischen Grabenkämpfe. Das wichtigste Transitland der EU für russische Gaslieferungen erlebt derzeit die schwerste Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 20 Jahren. „Ich habe das Gefühl, dass das ukrainische Volk eine Wende will“, sagte Janukowitsch, der nach einem Skandal um Wahlfälschungen 2004 das Feld Juschtschenko überlassen musste. Der Chef der Partei der Regionen will nach Jahren antirussischer Politik unter Juschtschenko künftig Moskaus Interessen stärker berücksichtigen. Das Lager von Timoschenko zeigte sich nach Schließung der Wahllokale siegessicher. „Wir wählen heute die Zukunft unserer Ukraine“, hatte die Regierungschefin bei der Stimmabgabe gesagt.

An der ersten Präsidentenwahl seit der Orangenen Revolution beteiligten sich deutlich weniger Menschen als noch vor fünf Jahren. Insgesamt waren knapp 37 Millionen Berechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Lager der beiden Rivalen warfen sich am Wahltag gegenseitig Wahlfälschungen vor. Die Zentrale Wahlkommission in Kiew sprach jedoch von einer Abstimmung ohne größere Zwischenfälle. „Es gibt einzelne Verstöße, die aber nicht weit verbreitet sind“, sagte eine Sprecherin. Westliche Beobachter lobten die Arbeit in den Wahllokalen. „Die Organisation machte einen sehr professionellen Eindruck“, sagte die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms.

Die Ukraine gilt unter den in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) organisierten Ex-Sowjetrepubliken als das Land mit den größten demokratischen Freiheiten. Der Westen hatte wiederholt die seit der Orangenen Revolution freien und unabhängigen Medien und den politischen Pluralismus gelobt. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) hatte die Wahlen zuletzt stets als fair und frei bezeichnet. Irritationen gab es am Wahltag um etwa 400 als Wahlbeobachter angemeldete Georgier. Die ukrainische Opposition warf den „durchtrainierten“ jungen Männern vor, die Wahl zugunsten der prowestlichen Kräfte um Regierungschefin Julia Timoschenko gewaltsam manipulieren zu wollen. Georgien wies die Vorwürfe zurück.