Gibt es eine Lösung im Steuerstreit? Kiels Regierungschef Peter Harry Carstensen zeigt sich nach einem Spitzentreffen im Kanzleramt optimistisch.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen haben ihr Krisentreffen zum Steuerstreit am Sonntag in Berlin beendet. Carstensen sprach anschließend von einem außerordentlich konstruktiven Gespräch. Er habe sich noch nicht entschieden, ob er dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz am Freitag im Bundesrat zustimmen werde. Aber die Wahrscheinlichkeit einer Ablehnung „ist kleiner geworden“.

Der Bund habe verstanden, dass Schleswig-Holstein keine Sonderregelungen für sich haben wolle. Vielmehr sei verstanden worden, dass die Länder angesichts der Schuldenbremse Schwierigkeiten mit zusätzlichen Belastungen bekämen. „Ich habe den Eindruck, dass der Bund unsere Sorgen ernst nimmt und versteht“, sagte der CDU-Politiker. Weitere Gespräche sollten in der kommenden Woche folgen. In diesem Zusammenhang nannte Carstensen die Sitzung des CDU-Bundesvorstandes an diesem Montag und die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch in Berlin. Carstensen machte allerdings auch deutlich, dass es keine Sonderreglung für sein Bundesland geben werde.

Carstensen fürchtet Einnahmeausfälle von 130 Millionen Euro für sein hoch verschuldetes Land und die schleswig-holsteinischen Kommunen. Er droht deshalb mit einer Blockade des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes an diesem Freitag in der Länderkammer. Unmittelbar vor dem Treffen hatte die Bundesregierung Erwartungen an das Treffen zu dämpfen versucht. „Es ist ein reiner Meinungsaustausch“, hieß es in Regierungskreisen.

Mehrere Unions-Ministerpräsidenten und Länderfinanzminister warnten Merkel vor Zugeständnissen nur an Schleswig-Holstein. Für diesen Fall drohten sie ihrerseits mit einer Blockade.Baden- Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) lehnte eine „Lex Carstensen“ strikt ab, wie er der „Stuttgarter Zeitung“ sagte. „So etwas haben wir nie gefordert“, sagte hingegen Schleswig- Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) .

Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) hält eine Zustimmung der Länder am Freitag für ungewiss. „Ich bin sehr zurückhaltend und skeptisch“, sagte er. Die FDP zeigte sich zuversichtlich. Westerwelle sagte der „Welt am Sonntag“, er gehe davon aus, dass der Bund die Länder mit guten Argumenten überzeuge. Unions-Fraktionschef Volker Kauder kündigte an, konkrete Finanzzusagen werde es nicht geben. „Es bleibt dabei: Es wird kein Land herausgekauft“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Möglicherweise wird das Thema verknüpft mit dem Treffen von Merkel mit den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch zum Bildungsgipfel. Fachministerin Annette Schavan (CDU) kündigte in der „B.Z.“ zusätzliche Gelder an.

Das Kieler Finanzministerium machte weitreichende Vorschläge für eine Lösung. Die Länder könnten einen größeren Anteil am Umsatzsteueraufkommen erhalten und die geplante Ausnahme für Hotels bei der Mehrwertsteuer könne zurückgestellt werden, zitierte die „Welt am Sonntag“ aus einem Schreiben an die CDU- Länderfinanzminister.CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich kritisierte in den „Stuttgarter Nachrichten“ (Montag), er wundere sich, dass „ausgerechnet aus Ländern, die besonders auf die Solidarität der anderen angewiesen sind, jetzt in dieser Phase die gesamtstaatliche Verantwortung infrage gestellt wird“.

Am Sonnabend hatte Niedersachsens Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Jörg Bode (FDP) Zweifel an Schleswig-Holsteins Sparwillen geäußert. Vor dem Hintergrund der Klagen der schleswig-holsteinischen Landesregierung gegen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sagte Bode dem „Hamburger Abendblatt“: Er sei überzeugt, „dass Schleswig-Holstein bei der Konsolidierung seines Haushalts noch Potenzial hat“. Bode betonte: „Niedersachsen ist selbst bei seinen Beamten dahin gegangen, wo es wehtut.“

Wie zuvor Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warnte Bode vor einem Sonderweg Schleswig-Holsteins: „Ich kann garantieren, dass auch die Länder, die bereits ihre Zustimmung signalisiert haben, das Gesetz bei einer Einzelfallregelung ablehnen werden“, sagte Bode. „Eine Extrawurst für ein einziges Land kann es nicht geben.“ Als Lösungsvorschlag für den Finanzierungskonflikt zwischen Bund und Ländern nannte er einen erhöhten Mehrwertsteueranteil für die Länder von 1,3 Prozent. „Ich glaube, da mit kann auch der Bund gut leben", sagte Bode.

Der Minister mahnte die Bundesländer, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz zuzustimmen, und verwies auf die „gesamtstaatliche Aufgabe, Wachstum und Beschäftigung zu verbessern“. Bode betonte: „Wir wollten immer eine andere Erbschafts- und Schenkungssteuer. Jetzt bekommen wir, was wir gefordert haben. Auch wenn das ein Kostentreiber für die Länder ist, müssen wir dazu stehen und gegenfinanzieren.