Die zwölftägige Klima-Konferenz geht in die entscheidende Phase. Neben Kanzlerin Merkel wird auch US-Präsident Obama erwartet.

Kopenhagen/Berlin. Der größte Klimagipfel aller Zeiten in Kopenhagen geht an diesem Montag in die „heiße“ Phase. Der dänische Ministerpräsident und Gastgeber Lars Løkke Rasmussen sagte am Sonntag jedoch, es sei noch ein „weiter Weg“ bis zu der für Freitag angestrebten Einigung der teilnehmenden 192 Staaten auf ein globales Abkommen zum Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe. Industriestaaten und Entwicklungs- sowie Schwellenländer seien sowohl bei der Verringerung von Treibhausgas-Emissionen wie bei Finanzierungsfragen noch weit voneinander entfernt.

Rasmussen verwies auf informelle Gespräche von 48 zum Wochenende angereisten Umweltministern mit der dänischen Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard am Sonntag: „Sie wird sich jetzt die Reaktionen auf unsere bisherigen Vorschläge anhören.“ Hedegaard bewertete die Atmosphäre vor dem Endspurt als „gut und konstruktiv“. Nach Verhandlungen auf Beamtenebene wollen nun die Minister in der zweiten Woche der zwölftägigen UN-Konferenz die Weichen für ein Abkommen stellen. Bis zum Ende der Woche werden auch rund 115 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen erwartet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Donnerstagnachmittag auf dem Gipfel reden soll, warnte vor übertriebener Sorge, dass die Bekämpfung des Klimawandels bei den Bürgern vor allem zu Einschränkungen führen werde. Der „Bild am Sonntag“ sagte sie: „Wohlstand ist nicht in erster Linie eine Frage der Verbrauchsmenge, sondern es hat auch etwas mit Wohlbefinden zu tun.“ Wenn an den Beginn des notwendigen Wandels die Angst vor Verzicht gestellt werde, „dann blockieren wir uns unnötig und verspielen unsere Zukunft“, warnte die Kanzlerin. Zugleich sprach sie sich für den weltweiten Handel mit CO2-Emissionsrechten aus.

“Es wäre wünschenswert, dass wir in Zukunft CO2-Zertifikate weltweit handeln und international überwachen, so dass wir CO2 dort einsparen, wo dies am billigsten und einfachsten geht“, sagte Merkel. „Es hat wenig Sinn, mit riesigen Kosten in der Stahlindustrie letzte Einsparreserven zu mobilisieren, wenn an anderer Stelle - zum Beispiel bei der Sanierung des gesamten Altbaubestandes - schneller deutlich günstigere Einsparungen erzielt werden können.“

Die Kanzlerin äußerte Sympathie für die unterschiedlichen Gruppen, die weltweit gegen den Klimawandel kämpfen. „Viele Gruppen kämpfen darum, wie Globalisierung menschlicher gestaltet werden kann. Das ist auch ein Thema in der deutschen Politik.“

Merkel erhofft sich durch die weltweite Einführung neuer Umwelttechnologien auch zusätzliches Wachstum für Deutschland. Man dürfe allerdings „nicht zulassen, dass Deutschland und die anderen europäischen Industriestaaten weit voran gehen beim Klimaschutz, andere nichts tun und dann Arbeitsplätze bei uns abwerben mit dem Argument, weniger Kosten für den Klimaschutz“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Das ist mit mir nicht zu machen, und deshalb brauchen wir ein globales Abkommen.“

Nach den Worten der Kanzlerin kann „weder ein Land noch ein Kontinent alleine das Klima retten“. „In Kopenhagen geht es daher um globale Verantwortung.“ Das Klimaschutzabkommen muss laut Merkel die Erderwärmung wirksam begrenzen. „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir eine solche Einigung schaffen können“, sagte die Kanzlerin.„Darüber habe ich in der vergangenen Woche auch mit den Ministerpräsidenten von China und Indien telefoniert, die wir für eine solche Einigung brauchen.“

Der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu überreichte UN-Klimachef Yvo de Boer am Sonntag in Kopenhagen mehr als 500 000 Unterschriften für ein Klimaabkommen, das die Lasten der Erderwärmung gerecht verteilt. Aufgerufen dazu hatten kirchliche Organisationen wie Brot für die Welt. Proteste der Menschen hätten die Berliner Mauer und die Apartheid zu Fall gebracht, daher sei er zuversichtlich, dass auch die Klima-Ungerechtigkeit überwunden werde.

Der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen hat sich bei der Energieversorgung neben der Atomkraft als sogenannte Übergangstechnologie auch für neue Kohlekraftwerke ausgesprochen. „Sie sind viel besser als alte Kohlekraftwerke, die schon seit 30 Jahren laufen“, sagte Röttgen. Neue Kohlekraftwerke seien deutlich effizienter als alte Anlagen. Umweltschützer lehnen dagegen den Bau von Kohlekraftwerken wegen der CO2-Emissionen ab.