Die SPD kommt aus ihrem Stimmungstief nicht heraus: In der jüngsten Umfrage hat sie erneut einen Prozentpunkt verloren.

Hamburg/Berlin. "Katastrophaler Zustand", "tiefe Krise", "gespalten in Flügel": Die Worte, mit denen der designierte SPD-Parteichef, Sigmar Gabriel vor drei Wochen seine Partei umschrieb, ließen an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Geändert haben sie indes nichts: Vor ihrem Parteitag an diesem Wochenende in Dresden steckt die SPD weiterhin im Stimmungstief. Laut wöchentlichem Forsa-Wahltrend des Magazins „Stern“ und des TV-Senders RTL verlieren die Sozialdemokraten erneut einen Punkt und liegen jetzt bei 20 Prozent. Nur jeder fünfte Deutsche erwartet, dass das designierte Führungs-Duo, Sigmar Gabriel und Andrea Nahles, die SPD aus der Krise führen kann. 63 Prozent der Befragten sind davon nicht überzeugt.

Dass Gabriel als neuer Parteivorsitzender eine gute Lösung ist, glaubt von den SPD-Anhängern zwar eine Mehrheit von 53 Prozent. Insgesamt sind aber nur 36 Prozent der Befragten davon überzeugt. Genauso viele zeigen sich unentschieden (Nein: 28 Prozent). Für Nahles als neue SPD-Generalsekretärin fällt das Stimmungsbild noch schlechter aus: 30 Prozent befürworten diese Personalie, 29 Prozent sind dagegen. Auch von den SPD-Anhängern sind nur 47 Prozent von Nahles überzeugt, für 20 Prozent ist sie keine gute Lösung.

Trotz der Umfrageergebnisse stärkte der Ex-Bundesvorsitzende Kurt Beck Gabriel den Rücken. „Ich bin überzeugt, dass er der Richtige ist“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“. „Wenn ich all die nostalgischen Rückblicke auf große Persönlichkeiten in unserer Parteigeschichte höre, dann gebe ich zu bedenken: Auch da hat immer jemand neu angefangen.“ Die SPD beginnt an diesem Freitag in Dresden ihren dreitägigen Bundesparteitag. Dabei will sie sich nach schweren Wahlniederlagen neu aufstellen. Am 27. September hatten die Sozialdemokraten mit 23 Prozent ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. Gabriel soll an der SPD-Spitze Nachfolger von Franz Müntefering werden. Die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel forderte, vom Parteitag müsse „ein Signal der Gerechtigkeit“ ausgehen. „Als Jusos erwarten wir von dem Parteitag, dass die SPD den Kampf für Gerechtigkeit wieder in den Mittelpunkt stellt.“ Der Leitantrag der Parteiführung sei „oftmals nicht deutlich genug“, kritisierte die Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation.

Ein Mangel an Deutlichkeit ließ sich SPD-Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier indes nicht unterstellen. Er hatte gestern nach der Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seinen ersten großen Auftritt als Oppositionsführer im Bundestag. Gabriel zeigte sich nach der Bundestagssitzung begeistert von den Qualitäten Steinmeiers als Oppositionsführer: „Es war ein ganz starker Auftritt (...). Jetzt muss auch dem Letzten klar sein: Frank-Walter Steinmeier wäre der bessere Kanzler, und er ist der Beste für den Job als Oppositionsführer“, sagte Gabriel der Bildzeitung.