Der Bau einer zweiten Urananreicherungsanlage im Iran, stößt auf heftige Kritik. US-Präsident Obama: “Der Iran bricht internationale Regeln.“

Wien/Teheran. Ungeachtet der Kritik an seinen Atomplänen baut der Iran eine zweite Urananreicherungsanlage. Das überraschende Eingeständnis Teherans am Freitag stieß im Westen auf heftigen Widerstand. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist brisant, da nächste Woche Vertreter des Irans und der fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats plus Deutschland in Genf zusammenkommen wollen, um Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. Bisher war nur bekannt, dass das Land eine Anlage zur Anreicherung von Uran in Natans betreibt.

„Der Iran bricht internationale Regeln, die alle Nationen befolgen müssen“, sagte Obama am Freitag am Rande der G20-Gipfels im amerikanischen Pittsburgh.Bei den anstehenden Atom-Gesprächen müsse Teheran seine Pläne offenlegen. Nach den Regeln der internationalen Atomenergiebehörde IAEAhätte der Bau schon gemeldet werden müssen, als er beschlossen wurde. Die IAEAverlangte vom Iran Informationen über die Anlage sowie baldmöglichsten Zugang.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte den Iran zur sofortigen Aufklärung über die Anlage auf. „Deutschland ist darüber sehr besorgt, genauso wie Frankreich, Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte Merkel in Pittsburgh. Der Bau sei ein Verstoß gegen die Auflagen der Atomenergiebehörde und der Vereinten Nationen. Auch Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier kritisierte das Vorgehen Irans: „Dieser Schritt bestärkt die bestehenden Zweifel gegenüber dem iranischen Atomprogramm erheblich und erschwert dadurch eine Lösung des Konflikts.“

Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy stellte ein Ultimatum bis zum 1. Dezember. Teheran müsse „alles auf den Tisch legen“. Sollte es bis dahin keine Fortschritte geben, „müssen Sanktionen verhängt werden“. Der britische Premier Gordon Brown stellte klar, dass es keine Kompromissbereitschaft geben dürfe.

Der UN-Sicherheitsrat hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Sanktionen gegen den Iran verhängt, um das Land von der umstrittenen Urananreicherung abzubringen, allerdings ohne Erfolg. Teheran beteuert, Uran ausschließlich für zivile Zwecke wie Energiegewinnung nutzen zu wollen. Experten befürchten jedoch, dass das Regime mit dem angereicherten Uran Atomwaffen bauen könnte.

Der Iran hatte in einem Brief vom Montag an die IAEAin Wien zugegeben, eine bisher unbekannte Anlage für die Anreicherung von Uran zu bauen. Nach Angaben von Diplomaten wurden darin keine Details zum Ort und dem Fortschritt der Anlage genannt. Das Regime habe den Bau erst zugegeben, als es gemerkt habe, dass westliche Geheimdienste Bescheid wissen, sagten mit dem Fall vertraute Diplomaten.

Nach Angaben der IAEA erklärte Teheran, dass in der neuen Anlage Uran nur bis 5 Prozent angereichert werde. Für den Bau von Atomwaffen ist eine höhere Anreicherung notwendig. Weitere Angaben seien in dem Schreiben in einer „angemessenen“ Zeit zugesagt worden. Nach iranischen Angaben befindet sich bisher kein nukleares Material in der Anlage.

Die neue Anlage bei Qom südlich von Teheran sei groß genug für 3000 Zentrifugen zur Urananreicherung, berichteten gut informierte Kreise. Das sei etwa die Menge, die man benötige, um innerhalb eines Jahres das Material für eine Atombombe herzustellen, allerdings nicht genug für einen Atomreaktor, hieß es. Nach Einschätzung von Experten ist die Anlage nicht vor nächstem Jahr oder Frühjahr nächsten Jahres betriebsbereit. Zusätzlich hat der Iran auch die Anlage in Natans, die angelegt ist für rund 50000 Zentrifugen. Bei den Atomgesprächen, die am 1. Oktober in Genf beginnen sollen, erwartet der iranische Chefunterhändler, Said Dschalili, laut einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ Konzessionen der USA und Europas. „Jetzt ist der Westen am Zug“, wurde er in dem Blatt zitiert. Das Thema Urananreicherung im Iran soll aus seiner Sicht nicht behandelt werden. „Wir werden dieses Recht niemals aufgeben.“ Verschärfte Sanktionen fürchte seine Regierung nicht.