Der Aufmarsch von konservativen Kritikern war eine der größten Protestveranstaltungen gegen Obama seit dessen Amtsantritt im Januar.

Washington. Die Pläne von US-Präsident Barack Obama für eine Gesundheitsreform kommen nicht bei allen Landsleuten gut an. In Washington demonstrierten zehntausende Menschen gegen das Vorhaben. Die Demonstranten kritisierten Obamas Reformprojekt am Samstag als Hinwendung zum Sozialismus. Der Präsident setzte sich in Ansprachen erneut dafür ein, allen US-Bürgern Zugang zu einer Krankenversicherung zu verschaffen.

Mehrere zehntausend Menschen starteten in der Nähe des Weißen Hauses in Washington zu einem Protestmarsch zum Kapitol, dem Sitz des US-Kongresses. Auf selbstgemalten Plakaten kritisierten einige Demonstranten, der Präsident wolle die USA in Richtung Sozialismus führen. So trug ein Einwanderer aus der Ukraine ein Pappschild mit der Aufschrift „Ich hatte genug Sozialismus in der UdSSR.“ Auf dem Plakat eines elfjährigen Jungen stand zu lesen: „Frei geboren, zu Tode besteuert“. Unter die Demonstranten mischten sich aber auch Obama-Anhänger, die über die Gesundheitsreform diskutieren wollten.

Zu der Demonstration hatte unterstützt von prominenten Konservativen die Bürgerbewegung Freedomworks aufgerufen, die sich für niedrigere Steuern und weniger staatlichen Einfluss einsetzt. Menschen aus vielen Teilen des Landes folgten dem Aufruf. Holly und Nick Bikakis aus Kalifornien sagten, sie hätten eine teure Reise nach Washington auf sich genommen, um die Gesundheitsreform zu verhindern. Wie viele andere Demonstranten trug das Ehepaar Anstecker mit der Aufschrift „Sie lügen!“. Diese Worte hatte der republikanische Abgeordnete Joe Wilson Obama entgegengerufen, als der Präsident am Mittwoch seine Pläne für eine umfassende Gesundheitsreform vor dem Kongress verteidigt hatte. Manche Demonstranten verunglimpften Obama außerdem als „Verräter“ oder „Marxisten“.

Vor der Demonstration hatte Obama in seiner wöchentlichen Radioansprache beim Kongress und der Bevölkerung erneut für seine Gesundheitsreform geworben. „Wir hatten eine lange und wichtige Debatte. Aber jetzt ist Zeit zum Handeln“, sagte er in der am Samstag ausgestrahlten Rede. Je länger der Kongress zögere, „desto mehr Amerikaner werden ihre Gesundheitsversorgung, ihr Geschäft und ihr Heim verlieren“. Obama verwies auf einen neuen Bericht des Finanzministeriums, wonach ohne eine Reform rund die Hälfte der US-Bürger unter 65 Jahren in den kommenden zehn Jahren ihre Krankenversicherung verliere. Dies sei in den vergangenen zwölf Monaten bereits sechs Millionen Bürgern passiert.

Bei einer Veranstaltung in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota sagte Obama später vor 15.000 Anhängern, in den USA solle keiner mehr durch Krankheit in den Ruin stürzen. Diese Gefahr bestehe derzeit auch für Bürger aus der Mittelschicht. In einem Interview mit dem Fernsehsender CBS, das am Sonntag ausgestrahlt werden sollte, hob der US-Präsident seine Verantwortung für das Reformprojekt hervor. „Ich habe keinerlei Interesse daran, ein Gesetz verabschieden zu lassen, das nicht funktioniert“, sagte Obama laut vorab veröffentlichten Auszügen. Wenn die Reform die Kosten im Gesundheitswesen und die Beitragssätze nicht senke, werde er dafür verantwortlich gemacht.

Die Gesundheitsreform, die den rund 47 Millionen bislang nicht abgesicherten US-Bürgern Zugang zu einer Krankenversicherung verschaffen soll, gehört zu Obamas wichtigsten Wahlkampfversprechen. Gegen seine Pläne laufen vor allem die Republikaner Sturm.