Schwarz-Gelb will vor Sommerpause Fiskalpakt und Rettungsschirm ESM beschließen. Neuer Wirbel um Finanzsteuer bremst Einigung mit Opposition.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Opposition versichert, dass die Regierung eine Finanztransaktionssteuer in Europa durchsetzen will. Sie äußerte sich am Montagabend unmittelbar vor Verhandlungen mit der Opposition zum EU-Fiskalpakt, für dessen Verabschiedung Schwarz-Gelb Stimmen aus dem gegnerischen Lager braucht. Die Regierung werde sich – wie mit der Opposition bereits besprochen – für eine solche Abgabe auf alle Börsengeschäfte starkmachen, sagte Merkel bei der Verabschiedung von Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) in der Paulskirche in Frankfurt am Main.

Es gehe darum, „den Menschen in Europa deutlich zu machen, dass wir auf der einen Seite funktionierende Banken brauchen und auf der anderen Seite aber auch ein Stück Gerechtigkeit brauchen und deshalb eine Besteuerung von Finanzprodukten und der Finanzwirtschaft notwendig ist“. Die Kanzlerin macht sich seit längerem auf EU-Ebene für eine Finanztransaktionssteuer stark. Allerdings lehnen mehrere EU-Länder diese Steuer ab.

Am Abend wollte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) mit Vertretern von Koalition und Opposition im Kanzleramt zusammenkommen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung will den Pakt für mehr Haushaltsdisziplin noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschieden. Sie braucht eine Zweidrittelmehrheit ist deswegen auf Stimmen der Opposition angewiesen. SPD und Grüne verlangen dafür die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

Zuletzt fühlte sich die Opposition durch Äußerungen von Pofalla provoziert, wonach man ruhig grünes Licht für die Steuer geben könne, weil sie angesichts der langwierigen Verfahren auf EU-Ebene eher wenig Chancen auf Umsetzung noch in der dieser Wahlperiode habe. Am Mittwoch will sich Merkel mit den Spitzen von Regierung und Opposition treffen. Koalition und Opposition dämpften aber die Erwartungen an das Spitzentreffen.

+++ Fiskalpakt: Scheitern nicht ausgeschlossen +++

Union, FDP sowie SPD und Grüne hatten vergangene Woche Eckpunkte für eine Finanzsteuer vereinbart. Diese solle „zeitnah“ mit „möglichst vielen“ EU-Ländern vereinbart werden. Schäuble hatte am Wochenende gesagt, er halte die Einführung der Steuer bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst 2013 für unwahrscheinlich. Die Opposition reagierte empört und verlangt klare Koalitionsbeschlüsse.

Grünen-Chefin Claudia Roth fordert eine „unmittelbare Initiative der Bundesregierung“. Dass die Steuer nicht sofort komme, sei den Grünen klar. Die Grünen forderten weiter einen Altschuldentilgungsfonds zum Abbau der Zinslast der Schuldenstaaten sowie einen Wachstums- und Investitionspaket. Es hänge von Merkel ab, ob es einen Konsens gebe: „Die Chefin ist gefragt.“

Schäuble stellte klar: „Die Opposition kann sich völlig auf die Zusagen der Koalition verlassen.“ Es liege aber nicht allein an Deutschland, eine solche europäische Regelung in kurzer Zeit zu Stande zu bringen. Zu Forderungen nach verbindlichen Beschlüssen sagte er: „Wir können als Kabinett das noch einmal beschließen.“ Das Kabinett habe die Steuer bereits im Juni 2010 beschlossen.

+++ Friede, Freude, Fiskalpakt? +++

Ähnlich äußerte sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU): „Wenn dies die Voraussetzung ist, dann kann man auch einen Kabinettsbeschluss machen.“ Auch die CSU macht sich für die rasche Einführung einer Finanzsteuer stark. „Wir unterstützen diesen Weg, so schnell wie möglich mit so vielen wie möglich in Europa eine Finanztransaktionssteuer zu realisieren“, sagte Parteichef Horst Seehofer in München. Er sprach sich wie CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt für einen raschen Beschluss des Bundeskabinetts aus.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle warnte: „Das Beispiel Spanien zeigt ganz deutlich, dass wir dringend einen dauerhaften Mechanismus zur Stabilisierung des Euro brauchen.“ Den dauerhaften Euro-Rettungsschirm gebe es aber nur zusammen mit dem Fiskalpakt. „Wenn SPD und Grüne jetzt den Fiskalpakt mit taktischen, innenpolitischen Spielchen blockieren, gefährden sie letztendlich die Rettung Spaniens und die Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung.“

(dpa)