Kofi Annan traf am Montag zu einem neuen Vermittlungsversuch in Damaskus ein. Dort sollte er mit Machthaber Baschar al-Assad zusammenkommen.

Amman/New York. Nach dem Massaker an mehr als 100 Zivilisten zerrinnt die Chance auf eine friedliche Lösung im Syrien-Konflikt. Noch hält die internationale Gemeinschaft aber von einem militärischen Eingreifen Abstand. Der internationale Syrien-Sondergesandte Kofi Annan traf am Montag zu einem neuen Vermittlungsversuch in Damaskus ein. Dort sollte er mit Machthaber Baschar al-Assad zusammenkommen. US-Generalstabschef Martin Dempsey sagte in einem Interview des Senders CBS, es müsse weiter auf Diplomatie und wirtschaftlichen Druck gesetzt werden, bevor über militärische Schritte gesprochen werde. „Wir sind aber bereit, Optionen vorzulegen, wenn wir danach gefragt werden“, ergänzte er.

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Die übereinstimmende Meinung sei, dass der UN-Friedensplan „derzeit die einzige Hoffnung für Syrien ist, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen“, sagte der britische Außenminister William Hague nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. China forderte ebenfalls mehr Unterstützung für den Annan-Friedensplan. Zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat das Massaker in der Kleinstadt Hula einstimmig scharf verurteilt. Aktivisten zufolge geriet derweil am Montag auch die Stadt Hama unter Beschuss von syrischen Regierungstruppen. Dabei seien mehr als 40 Menschen getötet worden, unter ihnen mindestens acht Kinder.

Der UN-Sicherheitsrat erklärte nach einer dreistündigen Dringlichkeitssitzung, Teil der Angriffe in Hula seien Beschüsse durch Artillerie und Panzer der Regierung gewesen. Der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant sagte, syrische Artillerie und Panzer seien zweifelsfrei für das Massaker verantwortlich. Nun sei es im Sicherheitsrat an der Zeit, „weitere Schritte“ zu erörtern – ein verklausulierter Ausdruck für Sanktionen. Auch die anderen westlichen Staaten im Rat sowie die arabischen Länder sahen die syrische Führung hinter dem Massaker, nach dem UN-Beobachter vor Ort 108 Leichen zählten, darunter auch die von mindestens 32 Kindern unter zehn Jahren.

Ratsmitglied Russland erklärte, die Schuld liege sowohl bei der syrischen Regierung als auch bei den Rebellen. Es sei erschreckend, dass der Annan-Plan in einer derart „unbefriedigenden Weise umgesetzt“ werde, sagte Lawrow nach dem Treffen mit Hague. Hague appellierte an seinen russischen Kollegen, mehr Einfluss auf Assad zu nehmen. Russland unterhält enge Beziehungen zu Syrien. Beide Minister kündigten an, die Bemühungen zur Umsetzung des Sechs-Punkte-Friedensplans auszuweiten. Dieser sieht neben einer Waffenruhe unter anderem die Entsendung von UN-Beobachtern und die Aufnahme eines politischen Dialogs vor. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, es müsse mit Nachdruck auf eine politische Lösung hingearbeitet werden.

China sprach von „grausamen Tötungen“, machte aber keine direkten Schuldzuweisungen. Der Annan-Plan müsse sofort und vollständig erfüllt werden. Russland und China hatten in der Vergangenheit zweimal Sicherheitsratsresolutionen verhindert, mit denen der Druck auf Assad erhöht werden sollte.

In einem Brief an den Sicherheitsrat verwies UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf die Untersuchungsergebnisse des UN-Beobachtereinsatzes in Syrien. Daraus ging hervor, dass schwere Waffen gegen Wohngebiete eingesetzt wurden. Die Regierungsgegner verfügen nicht über derartige Waffen. Allerdings seien bei einigen Leichen auch Wunden von Schusswaffen nachgewiesen worden, hieß es weiter. Dies könnte auf Angriffe von Soldaten nach dem Beschuss hindeuten oder aber auf eine Attacke durch die Rebellen.

Daher gebe es auch keine eindeutigen Beweise für eine Schuld der Regierung in Damaskus, sagte der russische UN-Botschafter Alexander Pankin. Die Lage sei undurchsichtig. Der Chef des UN-Einsatzes, Robert Mood, benannte am Sonntag keine Schuldigen. Die syrische Führung wies die Verantwortung für die Gewalttaten in Hula zurück. Großbritannien, Frankreich und Deutschland hätten Syrien mit einem „Tsunami von Lügen„ überschwemmt, indem sie der Führung eines Massakers beschuldigten. Hinter den Taten steckten vielmehr Rebellen, die mit Mörsern und Panzerabwehrraketen ausgerüstet gewesen seien. Das Massaker hatte weltweit für Entsetzen gesorgt.

Annan sagte kurz nach seiner Ankunft in Damaskus, er hoffe auf „ernsthafte und offene Gespräche“ mit Assad. Dieser müsse endlich seinen Friedenswillen unter Beweis stellen. Das syrische Außenministerium bestätigte, dass am Dienstag ein Treffen mit Assad angesetzt sei. Vor sechs Wochen war Annans Plan für eine Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und Oppositionellen in Kraft getreten, die Gewalt hält aber an. In Syrien tobt seit etwa 14 Monaten ein Aufstand gegen die Regierung, bei dem mehr als 10.000 Menschen ums Leben gekommen sind.